Proktologische Erkrankungen

Die Proktologie ist Teil der Allgemein- und Viszeralchirurgie der Klinik Hallerwiese. Zu uns kommen Patienten aus der gesamten Metropolregion Nürnberg mit Erkrankungen des Afters oder Beckenbodens, wie z. B. Hämorrhoiden, Abszessen, Beckenbodensenkung, Enddarmvorfall sowie gut- und bösartigen Analtumoren. Insbesondere im Bereich Stuhlinkontinenz besteht in Zusammenarbeit mit unserem Konsiliararzt Prof. Dr. Klaus E. Matzel, Leiter der Sektion Koloproktologie an der Chirurgischen Universitätsklinik Erlangen, besondere Kompetenz.

Wissenswertes - z. B. über den Ablauf einer proktologischen Untersuchung und häufige Krankheitsbilder finden Sie in diesem Artikel. Wir beraten Sie gerne persönlich, bitte vereinbaren Sie einen Termin.

Hintergründe und Ablauf einer proktologischen Untersuchung bzw. einer OP

1.

Anatomie des Enddarms und des Afters mit Schließmuskeln und Beckenboden

Die letzten etwa 15 cm des Dickdarms (Kolon) werden als Enddarm (Mastdarm = Rektum) bezeichnet. Dieser wiederum mündet am After in den etwa zwei bis drei cm langen Analkanal im muskulären Beckenboden. Hier befindet sich das sehr leistungsfähige und komplexe Kontinenzorgan, auch "Schließapparat" genannt.

Der "Schließapparat" besteht aus einer

  1. muskulären (innerer und äußerer Schließmuskel [Sphinkter ani internus und externus]),
  2. feinabdichtenden (kissenartiger, blutgefüllter Schwellkörper des Hämorrhoidalkomplexes) sowie einer
  3. sensorischen (hochempfindliche Analkanalhaut) Komponente.

Der permanent aktive und nur beim Stuhlgang automatisch erschlaffende innere Schließmuskel (Sphinkter ani internus) sorgt dabei für die „grobe“ Dichtigkeit. Er kann willentlich nicht gesteuert werden. Der äußere Schließmuskel (Sphinkter ani externus) hingegen wird bei aufkommendem Stuhldrang bewusst zur Verzögerung betätigt. Er ist allerdings im Gegensatz zum inneren Schließmuskel nicht ermüdungsfrei und kann nur kurzfristig zur Verhinderung einer sonst sofort erfolgenden Stuhlentleerung betätigt werden – bis zum zeitnahen Erreichen einer Toilette.

 

Funktionsweise und Störungen

Alle drei Komponenten müssen funktionsfähig zusammenspielen um Winde sowie flüssigen und festen Stuhl (Stuhlqualität) differenziert zu erkennen (sensorische Diskrimination im Bereich der hochempfindlichen Analkanalhaut) und grobe (muskuläre) und feine (Hämorrhoidalplexus) Dichtigkeit zu gewährleisten. Darüberhinaus muss eine gezielte und letztlich gewollte Entleerung von einerseits selektiv nur Winden oder andererseits von Stuhlgang ermöglicht werden.

Störungen bzw. Schädigungen einzelner dieser Komponenten führen zu unterschiedlichen Formen der

  • Stuhlundichtigkeit (Stuhlinkontinenz),
  • Stuhlentleerungsstörung (Stuhlauslassobstruktion) oder
  • Beckenbodensenkung (Deszenus) mit Organvorfällen (Prolaps).

Bei letzterem kann es zu Dünn-, Dick- und Enddarmvorfällen kommen, wobei – je nach Schädigungsausmaß – auch die benachbarte Blase (Urininkontinenz, Urinentleerungsstörung) und bei Frauen auch die inneren Genitale mit betroffen sein können (Blasen-, Gebärmutter- und Scheidenvorfälle).

 

Fachgebiet Proktologie

Diese von Laien und oft auch Ärzten gewöhnlich sehr unterschätzte Komplexität im anatomischen Feinbau und funktionellen Zusammenspiel erklärt die große Bandbreite an differenzierten Erkrankungsmöglichkeiten und die Notwendigkeit zu bester proktologischer Expertise im Erkennen und Behandeln dieser Erkrankungen. Darüber hinaus ist insbesondere bei operativen Eingriffen die perfekte Kenntnis der umliegenden Strukturen sowie deren dezidierte Schonung Pflicht.

So erklärt sich zwanglos, dass Erkrankungen und leider auch Folgeschädigungen in dieser „unbeliebten“, gemiedenen Körperregion zu massiven, zentral das Leben bestimmenden Beeinträchtigungen führen können.

Abb.: Anatomie Enddarm und After

Abb.: Anatomie After / Kontinenzorgan

Abb.: Anatomie After / Kontinenzorgan
1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
2.

Wieso zum Proktologen? Vier gute Gründe

Viele Menschen leiden unter analen Beschwerden, trauen sich aber aus Scham lange nicht zum Arzt. Dabei ist eine frühe Therapie fast immer unproblematisch und wirkungsvoll!

Oft, aber keineswegs immer sind es Hämorrhoiden, die Beschwerden verursachen. Erkrankungen an Enddarm, After und Beckenboden genau zu diagnostizieren und abzugrenzen erfordert Spezialwissen mit anatomischen Kenntnissen nebst notwendiger praktischer Erfahrung.

Diese ist von Proktologen mit einer eigenen Zusatzausbildung inkl. Prüfung zu erwarten. Der Gang zum Proktologen hat deshalb oft einige Vorteile.

Hier vier gute Gründe:

  1. Viele proktologische Erkrankungen heilen unter korrekter Behandlung viel schneller und besser ab, wenn zeitnah damit begonnen wird.
  2. Zwar ist das Hämorrhoidalleiden sehr weitverbreitet und wird demnach auch am häufigsten vermutet. Andererseits gibt es zahlreiche weitere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen, die allerdings ganz anders behandelt werden müssen – und gelegentlich auch wesentlich ernster sein können.
  3. Zwar sind die allermeisten proktologischen Erkrankungen unangenehm aber zum Glück keineswegs lebensbedrohend – allerdings gilt es, die sehr seltenen, bösartigen Erkrankungen rasch zu erkennen und korrekt zu behandeln.
  4. Wenngleich proktologische Operationen in der Tat nicht zu den schwierigsten operativen Eingriffen gehören, so erfordern sie doch stets beste operative Expertise, insbesondere um die Kontinenz nicht zu gefährden.
3.

Ablauf einer proktologische Untersuchung - braucht es besondere Vorbereitungen?

Es braucht seitens des Patienten keinerlei Vorbereitungen, weder Nüchternheit noch „Abgeführtsein“! Im Gegenteil, insbesondere bei einer Erstvorstellung würde selbstständiges Abführen eventuelle Befunde verfälschen. Hilfreich wäre allerdings das Mitbringen vielleicht existierender Vorbefunde.

Zunächst erfolgt im Sekretariat anhand eines Fragebogens eine Erfassung Ihrer wichtigsten Gesundheitsdaten, wie z. B. allgemeine Begleiterkrankungen, frühere Operationen, notwendige Medikamente, Allergien, etc. Diese Angaben werden im Sprech- und Untersuchungszimmer dann von uns Ärzten mit dem Patienten zunächst nochmals durchgegangen, gegebenenfalls präzisiert und ergänzt.

Erst danach erfolgt die genaue Befragung zum Grund des Besuchs, bzw. zu den Beschwerden.

Im Anschluss findet eine erste Untersuchung statt, wobei diese stets auf einer flachen Liege in „Links-Seitenlage“ mit angezogenen Knien erfolgt. Die wesentlichen Basis-Untersuchungsschritte bei einem Erstbesuch sind hier aufgeführt:

  • Es wird zunächst die Gesäß- und Afterregion angesehen (Inspektion) und dann vorsichtig betastet (Palpation). Hierbei wird mit dem Finger u. a. der After ausgetastet, die Schließmuskelkraft in Ruhe und beim Zusammenziehen getestet und dann entweder ein Minieinlauf (Klysma) oder ein Abführzäpfchen verabreicht.
  • Nach daraufhin erfolgtem Stuhlgang auf einer sich in unmittelbarer Nähe befindlichen Toilette wird weiter untersucht. Es erfolgt zuerst eine Enddarmspiegelung (Rektoskopie) bis in etwa 10-15 cm Höhe und danach eine Analkanalspiegelung (Proktoskopie).

Sämtliche Untersuchungen sollen schmerzfrei sein und benötigen daher keine Schmerzmedikation. Sollte eine schmerzhafte Erkrankung bestehen, so muss auf bestimmte Untersuchungen verzichtet werden. Gegebenenfalls wäre eine Untersuchung in Narkose durchzuführen, welche aber extra geplant werden müsste.

Im Anschluss an die Untersuchung wird die eventuelle Diagnose und die mögliche Therapie mit dem Patienten besprochen. Ein solcher erstmaliger Untersuchungstermin kann insgesamt zwischen 20 und 40 Minuten dauern.

Auf einen Blick

Vorbereitung

  • keine Vorbereitung nötig
  • nicht nüchtern sein
  • nicht abführen

Evtl. mitbringen

  • zurückliegende Befunde
  • Arztbriefe
  • OP-Berichte
  • Laborwerte und Röntgen-, CT oder MRT-Bilder (idealerweise gebrannt auf CD)

Ablauf

  • Erfassung Ihrer Gesundheitsdaten
  • Vorgespräch mit dem Arzt
  • Untersuchung
  • Besprechung der Diagnose und Therapie

Dauer

  • 20 - 40 Minuten für erstmaligen Untersuchungstermin
4.

Ablauf im Falle einer proktologischen OP

Die Operation sollte entweder in Kurznarkose oder im Sattelblock (tiefsitzende „örtliche Betäubung“ am Rücken) erfolgen. Zur noch besseren Schmerzbehandlung wird zusätzlich aber meist noch eine - über einige Stunden nach der OP anhaltende - örtliche Betäubung gesetzt.

Die Wunde sollte in der Regel - zur Vermeidung von Entzündungen - nicht vernäht, sondern offen belassen werden und (bei sehr guter Schmerzmedikation) mittels „offener Wundbehandlung“ mit dreifach täglichem Ausduschen des Wundbereichs (sowie nach jeden Stuhlgang) abheilen.

Ambulant oder stationär?

Proktologische Operationen sind zwar prinzipiell ambulant durchführbar, es sprechen jedoch einige Gründe (im Wesentlichen Nachblutungsgefahr und eventuelle Schmerzen bei den ersten Stuhlgängen) meist für einen stationären Aufenthalt mit ein bis zwei Übernachtungen. Unsere Patienten fühlen sich hierdurch wesentlich sicherer und schmerzfreier. Auch kann hier das eventuell notwendige Ausduschen des Wundbereichs optimal angelernt werden.

Organisatorischer Ablauf der proktologischen OP

Alle Patienten werden zur OP im Rahmen unserer prästationären Sprechstunde komplett vorbereitet und aufklärt. Wenige Tage später erfolgt dann die stationäre Aufnahme am OP-Tag. Ein eigenes Abführen ist nicht notwendig. Sofern schmerzfrei möglich, wird der Enddarm unmittelbar vor dem Eingriff mittels eines Minieinlaufs gereinigt.

Die häufigsten proktologischen Erkrankungen: Ursachen, Symptome, Behandlung

1.

Grundsätzlich: Bei welchen Symptomen sollten Sie zum Proktologen?

Unabhängig von eventuell zugrunde liegenden Erkrankungen gibt es folgende Hauptbeschwerden am After -  alleine oder in Kombination:

  • Schmerzen: Dauerschmerz, Schmerzen bei und nach dem Stuhlgang
  • Blutungen: hell oder dunkel, nur am Papier beim Abputzen oder tropfend, dem Stuhl aufgelagert oder beigemischt
  • Schwellungen: „Tumore“ (Polypen) und Vorfälle (Prolaps), rasch entstanden oder sich über Jahre entwickelnd, umschrieben klein oder flächig groß, umschrieben groß und dauerhaft bestehend oder nur beim Stuhlgang hervortretend
  • Missempfindungen: wie Jucken, Brennen, Nässen (Feuchtsein)
  • Paradoxe Diarrhoe: neu aufgetretene Verstopfung (einige Tage kein Stuhlgang) im Wechsel mit Durchfall (mehrfach flüssiger Stuhl)
  • Jede anhaltende, ausgeprägte Änderung der Stuhlgewohnheit
  • Stuhlundichtigkeit (Stuhlinkontinenz): Undichtigkeit für Winde, flüssigen oder festen Stuhl, Stuhlschmieren
  • Stuhlentleerungsstörung (Auslassobstruktion): Erschwerte, unvollständige oder mehrfach wiederholte Entleerung, portionierte Entleerung in kleinen Stuhlballen, Presszwang, lange „Toilettensitzungen“, Notwendigkeit zu Entleerungshilfen (Einlauf, manuelle oder digitale Unterstützung bzw. Ausräumung), hierdurch resultierende chronische Verstopfung
  • Senkungsgefühl (Deszensus): Druckgefühl oder Vorfallgefühl (Prolaps) auf After oder Scheide, in Ruhe oder bei Belastung (Sport oder Stuhlgang), eventuell in Verbindung mit Urinundichtigkeit (Urininkontinenz) oder Stuhlentleerungsstörung (Auslassobstruktion)
2.

Analfissur

Ursachen

Eine Analfissur ist ein Riss (Fissur) im Analkanal, entstanden durch eine Überdehnung desselben, typischerweise bei sehr hartem Stuhlgang oder Analverkehr. Es kann aber auch Stress eine Analfissur mitverursachen oder dessen Abheilung verhindern.

Symptome

Starke, krampfartige Schmerzen bei und vor allem nach dem Stuhlgang sowie begleitende, helle Blutungen, meist am Papier beim Abputzen, sind ganz typisch. Die Folge kann geradezu eine Angst vorm Stuhlgang mit Stuhlverhalt sein. Es kann ein „Teufelskreislauf“ aus Schmerz, Angst, Schließmuskelkrampf beim Stuhlgang mit Entleerungsstörung und hierdurch bedingter Verstopfung resultieren.

Gelegentlich bildet sich bei einer länger bestehenden (chronischen) Analfissur reaktiv am äußeren Randbereich ein Hautläppchen (Vorpostenfalte), welches beim Abputzen getastet werden kann.

Behandlung

Sie sollte so schnell wie möglich behandelt werden, da bei über Wochen und Monate bestehender Fissur, diese chronifizieren kann und dann immer schwieriger zu behandeln ist!

In erster Linie wird eine Analfissur konservativ behandelt - nur bei Versagen operativ.

Zunächst muss der oben beschriebene „Teufelskreislauf“ durchbrochen werden: durch ausreichende Schmerzmittelgabe (Schmerztabletten, Schmerzsalbe) und Stuhlweichhaltung (ballaststoffreiche Ernährung, hohe Trinkmenge und Einnahme von „Stuhlweichmachern“ [Quellstoffen]).

Während früher eine den schließmuskelentspannende Behandlung nur in einer vom Patienten selbstdurchgeführten, zeitaufwändigen (drei bis fünf mal pro Tag für je 20 Min.) Dehnungsbehandlung (Eigendilatation) mit Analdehnern erfolgen konnte, stehen heute sehr wirksame Medikamente als am After aufzutragende Salben zur Verfügung. Diese Nitrit- oder Diltiazem-haltigen Salben müssen mindestens fünf mal pro Tag sowie nach jedem Stuhlgang aufgetragen werden. Die Wirkstoffe führen einerseits zu einer Entspannung des Schließmuskels und andererseits zu einer gesteigerten Durchblutung des Fissurbereichs mit dann besserer Abheilung. Eine unangenehme Nebenwirkung können Kopfschmerzen sein.

Operation

Eine Operation ist letztlich nur angeraten bei Versagen eines korrekt und konsequent über einige Wochen hinweg angewandten konservativen Therapieversuchs. Es gibt mehrere operative Methoden, wobei wir, gemäß deutscher Leitlinien, ein vorsichtig eingesetztes, schonendes Verfahren bevorzugen, welches aus der sparsamen Ausschneidung des chronischen Fissurgewebes samt Vorpostenfalte (Fissurektomie) besteht. Die so geschaffene frische (!) Wunde sollte dann viel besser und schneller abheilen.

Abb.: Akute (frische) Analfissur

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 Analfissur

Abb.: Chronische (verschleppte) Analfissur mit Vorpostenfalte

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 Analfissur
5 Vorpostenfalte
3.

Perianalvenenthrombose

Ursachen

Der altertümliche Fachbegriff perianale Thrombose (= Perianalvenenthrombose) ist irreführend, denn es handelt sich nicht um eine Thrombose, also einem Blutgerinnsel in einer Vene. Es besteht demnach auch kein Zusammenhang mit einer eventuellen Beinvenenthrombose oder gar einer Lungenembolie. Vielmehr handelt es sich um einen unmittelbar am After gelegenen absolut harmlosen Bluterguss (Hämatom).

Die Ursache ist fast immer vermehrtes Pressen bei der Entleerung eines harten Stuhlgangs, wobei es in der Afterregion durch diese Belastung zum Einreißen einer oberflächlichen Vene mit Ausbildung eines Blutergusses kommt.

Symptome

Da anatomisch bedingt am After ein Bluterguss sich nicht so locker wie an anderen Körperoberflächen im umliegenden Gewebe verteilen kann, entsteht eine sicht- und tastbare, sehr schmerzhafte, kugelige und lila-dunkle Schwellung, zwischen wenigen Millimetern und maximal zwei bis drei cm durchmessend. Wenn der Bluterguss selten einmal aufplatzt, kommt es zu einer geringen, harmlosen Blutung, die von selbst stoppt.

Behandlung

Prinzipiell bräuchte eine Perianalvenenthrombose gar nicht behandelt werden, da sie sich von selbst, wie jeder andere Bluterguss auch, innerhalb weniger Wochen auflöst. Platzt die Schwellung und entleert sich das Blut, tritt die Abheilung noch schneller ein. Eine Gefahr stellt diese Blutung nicht dar.

Zur Schmerzlinderung kann gekühlt, mit einer „Schmerzsalbe“, Schmerztabletten und einem Pulver zur Stuhlweichhaltung (Quellstoffe) behandelt werden.

Ist die Perianalvenenthrombose geplatzt, sollte nach jedem Stuhlgang sowie ein- bis zweimal täglich der After samt der kleinen Wunde ausgeduscht werden.

Eine Operation ist nur ganz selten bei sehr großen, besonders schmerzhaften und ganz frisch entstandenen Perianalvenenthrombosen sinnvoll. Wenn dies einmal der Fall sein sollte, wird ambulant in örtlicher Betäubung die Schwellung eröffnet und der Bluterguss abgelassen. Auch dann sollte nach jedem Stuhlgang sowie ein- bis zweimal am Tag der After samt der kleinen Wunde ausgeduscht werden.

Abb.: Perianalvenenthrombose

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 Perianalvenenthrombose
4.
5.

Pilonidalsinus (Haarnestgrübchen), sog. "Steißbeinfistel"

Ursachen

Ein Pilonidalsinus (Haarnestgrübchen) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Haut und des Unterhautfettgewebes mit in Gängen (Fisteln) und Höhlen einliegenden Haaren. Die weitaus häufigste Körperregion, an der ein Pilonidalsinus vorkommt, ist die Steißbeinregion. Der frühere Begriff „Steißbeinfistel“ sollte allerdings nicht mehr verwendet werden, da eine Fistel bis zum Steißbeinknochen nicht besteht.

In der V-förmig, tief eingezogenen Steißbeinregion zwischen den Gesäßbacken oberhalb des Afters (rima ani) können nach und nach immer mehr Haare dauerhaft beim Sitzen in die Haut am V-förmigen Boden dieser Region einspießen, millimetergroße Poren schaffen und ins Unterhautfettgewebe einwachsen. Es kann sogar zur Ansammlung ganzer Haarbüschel kommen, die sich über entstehende Gänge (Fisteln) unter der Haut weiter ausbreiten.

Begünstigend hierfür sind kräftig-drahtige Haare (meist dunkle Haartypen) und eventuell eine sitzende Tätigkeit.

 

Symptome

Ein nicht entzündeter (blander) Pilonidalsinus macht keine Beschwerden und wird somit gar nicht bemerkt. Lediglich bei genauer Betrachtung können die winzigen Poren mit eventuell einspießenden Haaren gesehen werden.

Kommt es jedoch zu Entzündungen und zur Eiterbildung (Abszedierung) treten die klassischen Entzündungszeichen mit Schmerzen, Schwellung, Rötung, Überwärmung und Funktionsverlust (Nicht mehr „Sitzenkönnen“) auf. Aus den Poren kann entzündliches Sekret und Eiter austreten.

 

Behandlung

Ein nicht entzündeter (blander) Pilonidalsinus ohne Beschwerden bedarf keiner Therapie – eine solche ist erst notwendig, wenn Beschwerden auftreten.

Eine dauerhafte Heilung kann nur durch eine Operation erreicht werden. Andere Maßnahmen wie Kühlen, Salben und Antibiotika bringen allenfalls nur Linderung und können die Erkrankung eher verschleppen.

Die Operation mit offener Wundbehandlung

Die älteste, aber auch heute noch sicherste Methode hinsichtlich einer dauerhaften Heilung ist die komplette Ausschneidung des gesamten betroffenen Areals (Exzision) in der Steißbeinregion mit Offenbelassen der Wunde  – also ohne Nahtverschluss – und folgender offener Wundbehandlung mit drei Mal täglichem Ausduschen.

Die dann eintretende Sekundärheilung führt, trotz einer anfangs unter Umständen relativ großen Wunde, zu einer doch letztlich sehr viel kleineren Narbe.

Nachteilig hierbei ist allerdings die lange, bis zu einigen Wochen dauernde Heilungszeit – abhängig vom Ausmaß des ursprünglichen Pilonidalsinus, bzw. einer eventuellen Verschleppung der Operation.

Weitere OP-Methoden/"Pit-picking"

Deshalb wurden verschiedene alternative OP-Methoden entwickelt, um eine komfortablere und zugleich dennoch sichere Heilung zu erzielen – ohne allerdings eine ideale Lösung gefunden zu haben.

Natürlich wurde oft genug versucht, nach Ausschneidung die Wunde komplett wieder zu vernähen. Die Gefahr ist allerdings, insbesondere bei vereiterten Befunden, dass genügend Bakterien in der dann vernähten Wunde verbleiben, sich vermehren und hier in kurzer Zeit eine erneute Entzündung zur Korrekturoperation zwingt. Selbst Wundverschlussmethoden mit speziellen Naht- oder Hautverschiebelappen-Techniken (z. B. Wundlateralisation nach Karydakis, Lappen-Plastiken, etc.) haben eine nicht unerhebliche Versagensquote.

Ebenso kann die relativ neue Methode des „Pit-picking“ bei kleinem Pilonidalsinus nicht als stets sicheres Verfahren angesehen werden.

OP an der Klinik Hallerwiese

An unserer Klinik wird deshalb stets versucht, aus der Palette an Möglichkeiten das individuell scheinbar beste Vorgehen auszuwählen.

Die Operationen erfolgen in der Regel in Kurznarkose. Zwar sind sie prinzipiell ambulant durchführbar, jedoch sprechen einige Gründe (im Wesentlichen die Nachblutungsgefahr) meist für einen stationären Aufenthalt mit ein bis zwei Übernachtungen.

Unsere Patienten fühlen sich hierdurch wesentlich sicherer und schmerzfreier. Auch kann hier das notwendige Ausduschen des Wundbereichs optimal angelernt werden.

6.

Analfisteln und periproktitische Abszesse

Ursachen

 

Was ist eine Fistel?

Eine Fistel ist ein neu entstandener, krankhafter Gang im Gewebe, der von einem Ursprungsort in ein anderes Organ oder zur Körperoberfläche an der Haut führt. Hierbei gehen Analfisteln von entzündeten Duftdrüsen (Proktodäaldrüsen) aus, welche verborgen im Gewebe am Oberrand des Analkanals liegen und suchen sich den Weg an die Haut („ins Freie“) im Bereich des Afters.

 

Was ist ein Abszess?

Ein Abszess ist eine entzündliche Eiteransammlung. Ein periproktitischer Abszess ist eine Eiteransammlung im Verlauf einer Analfistel.

 

Ursachen für Fisteln und Abszesse

Warum sich eine Proktodäaldrüse entzündet ist unklar – mit mangelnder Hygiene haben Analfisteln und periproktitische Abszesse jedoch nichts zu tun.

Bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungeninsbesondere bei Morbus Crohn, weniger bei Colitis ulcerosa – kommen Analfisteln gehäuft vor.

Symptome

Ein periproktitischer Abszess ist meist an den klassischen Entzündungszeichen mit Schmerzen, Schwellung, Rötung und Überwärmung am After sowie der „Funktionsstörung“ – der schmerzbedingten Unmöglichkeit zum Sitzen – zu bemerken. Die Schmerzen bestehen ständig und nehmen konstant zu.

Letztlich kann sich auch der Abszess an der Haut entleeren (Perforation), der Eiter abfließen. Dies führt zunächst zu einem Rückgang der Beschwerden. Dieser entlastende Durchbruch bringt allerdings keine dauerhafte Heilung!

Der Durchbruch an der Haut verklebt nur und da die Fistel von innen her weiter bestehen bleibt kommt es entweder zu wiederholten schmerzhaften Schwellungszuständen (rezidivierenden periproktitischen Abszessen) mit je vorübergehender Sekretentleerung oder es bildet sich eine dauerhaft offen bestehende Fistel mit permanenter Sekretion, Nässen und Jucken aus. Hierbei kann man eine mehr oder weniger große, gelegentlich erhaben gelegene Pore im Afterbereich erkennen.

Abb.: Duftdrüsen (Proktodäaldrüsen)

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 Duftdrüse (Proktodäaldrüse) im inneren Schließmuskel
5 Mündungen der Duftdrüsen am Oberrand des Analkanals

Abb.: Analfistel und periproktitischer Abszess

6 Analfistel
7 periproktitischer Abszess

Klassifikation

Analfistel-Klassifikation

Orientierend an der wichtigsten Fistel-Klassifikation nach Parks kann man in Bezug zu den Schließmuskeln fünf verschiedene Fistelverläufe beschreiben:

  1. Subanodermale Fistel: verläuft nur unter der Haut des Analkanals nach außen zur Haut
  2. Intersphinktäre Fistel: durchbohrt den inneren Schließmuskel und verläuft dann zwischen diesem und dem äußeren Schließmuskel nach außen zur Haut
  3. Transsphinktäre Fistel: durchbohrt beide Schließmuskeln und verläuft dann nach außen zur Haut
  4. Suprasphinktäre Fistel: verläuft zuerst nach oben, durchbohrt oberhalb der Schließmuskeln die Beckenbodenmuskulatur und zieht dann erst nach unten außen zur Haut
  5. Extrasphinktäre Fistel: allein diese Sonderform entspringt nicht an den Duftdrüsen (Proktodäaldrüsen) im oberen Analkanal, sondern weiter oben im Enddarm. Von hier durchbohrt sie oberhalb der Schließmuskel die Darmwand samt Beckenbodenmuskulatur und zieht dann erst nach unten außen zur Haut.

Abb.: Analfistel-Klassifikation nach Parks

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 subanodermale Fistel
5 intersphinktäre Fistel
6 transsphinktäre Fistel
7 suprasphinktäre Fistel
8 extrasphinktäre Fistel

Abszess-Klassifikationen

Gemäß dem Verlauf der Fisteln kann es an verschiedenen Stellen zu Abszessen kommen, z.B. zwischen den inneren und äußeren Schließmuskeln (intersphinktärer Abszess), häufiger außerhalb, bzw. seitlich der Schließmuskeln (ischioanaler Abszess), bis zur Haut reichend.

Abb.: Lokalisationen periproktitischer Abszesse mit ursächlichen Fisteln

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 perianaler Abszess
5 intersphinktärer Abszess
6 kombiniert a) intersphinktär 7 b) perianaler Abszess
7 ischioanaler Abszess
8 pelvirektaler Abszess

Behandlung

In seltenen Fällen kann eine Abheilung von selbst eintreten. In den meisten Fällen allerdings muss die zugrunde liegende Analfistel gesucht, gefunden und operativ saniert werden. Ein alleiniges Entlasten oder Ausschneiden des periproktitischen Abszesses stellt in der Regel keine dauerhafte Heilung dar. Auch andere Maßnahmen wie Kühlen, Salben und Antibiotika bringen allenfalls nur Linderung und können die Erkrankung eher verschleppen.

Ein triftiger Grund zur operativen Sanierung eines Fistelleidens ist neben den Unannehmlichkeiten wiederkehrender Abszedierungen und Sekretionen stets die Gefahr, dass sowohl der Abszess als auch die Fistel selbst umliegendes Gewebe, insbesondere den Schließmuskel schädigen oder in andere Organe einbrechen kann, z. B. in die Scheide oder die Blase. Es können über lange Zeit hinweg also Folgeschäden, insbesondere eine Stuhlundichtigkeit (Stuhlinkontinenz) entstehen.

Erfolgsentscheidend ist es, über ausreichendes Spezialwissen bezüglich der Anatomie der Afterregion, der sehr zahlreichen und oft komplexen Fistelverläufe und Abszess-Lokalisationen, insbesondere in Bezug zu den Schließmuskeln sowie operative Expertise zu besitzen, um eine adäquate Operationsmethode auszuwählen und schließmuskelschonend anzuwenden.

Operation

OP-Methode "Ausschneidung"

Im Folgenden kann angesichts der Komplexität nur ein Überblick über die wichtigsten operativen Prinzipien gegeben werden.

Im Falle eines periproktitischen Abszesses sollte

  1. dieser chirurgisch ausgeräumt, der Eiter ausgespült (Abszessexzision) werden und
  2. gleich versucht werden, die ursächliche Analfistel zu finden.

Letzteres ist bei abszessbedingten Schwellungszuständen des umgebenen Gewebes oft nicht immer erfolgreich. Hier wäre dann meist ein zweiter Eingriff zur Fistelsuche nach einigen Wochen notwendig.

Ist die Fistel erfolgreich gefunden, entscheidet der sehr variabel mögliche, genaue anatomische Verlauf der Fistel in Bezug zur Schließmuskulatur (Klassifikation nach Parks), wie mit der Fistel weiter zu verfahren ist. Die maximal mögliche Schonung der Schließmuskulatur hat hierbei Vorrang!

Einfache, oberflächlich unter der Haut verlaufende Fisteln, ohne Involvierung des Schließmuskels, (subanodermale Fisteln) können einfach ausgeschnitten werden (Fistulektomie oder Fistulotomie).

Abb.: Ausschneidung einer oberflächlichen (subanodermalen) Fistel

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 subanodermale Fistel
5 Wunde nach Fistelauschneidung

Operationsprinzip „Gummizügeleinlage“

Komplexe, hoch oben mitten durch oder über den Schließmuskel verlaufende (trans-, supra- und extrasphinktäre) Fisteln hingegen dürfen nicht einfach ausgeschnitten werden, sondern müssen mittels spezieller OP-Verfahren geheilt werden.

Sonderformen sind noch immer relativ oberflächlich verlaufende Fisteln, die allerdings Schließmuskelanteile, wenn auch nur geringe – umfassen (oberflächlich inter- und auch transsphinktäre Fisteln). Hier ist die beste – und vor allem schließmuskelschonendste – OP-Methode individuell festzulegen.

Wichtig ist hierbei immer, dass in der akuten Entzündung stets nur der Abszess ausgeschnitten, die Fistel nur gesucht und idealerweise gefunden und dann nur mit einem dünnen Gummizügel (Vessel-Loop) „markiert“ wird – also ohne weitere Ausschneidung an der Fistel selbst mit potentieller zusätzlicher Schließmuskelschädigung. Allenfalls eindeutige, direkt unter der Haut verlaufende (subanaodermale) Fisteln ohne sichere Involvierung des Schließmuskels können gleich mit ausgeschnitten werden.

Der Gummizügel wird von außen durch die Wunde neben dem After, durch die sich in der Tiefe befindliche Fistel, zur inneren Fistelöffnung am Oberrand des Analkanals hinein, und von hier zum After nach außen gezogen. Anschließend wird der Gummizügel passgenau, locker einliegend verknotet.

Die Aufgabe des eingelegten Gummizügels besteht in der Gewährleistung eines dauerhaften Sekretabflusses nach außen – ohne Verkleben mit dann erneutem Stau und erneuter Abszedierung –, sodass über Wochen hinweg ein absolut entzündungsfreier Zustand zur weiteren genauen Beurteilung des Fistelverlaufs und des Schließmuskels sowie zur individuellen Therapieplanung erreicht werden kann. Die Patientenbeeinträchtigung durch den Gummizügel ist meist nur sehr gering.

Abb.: Operationsprinzip „Gummizügeleinlage“

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 ischioanaler Abszess
5 transsphinktäre Analfistel
6 Wunde nach Abszessausschneidung
7 Gummizügel
8 transsphinktäre Fistel entzündungsfreie um den Gummizügel abgeheilt

So sollen insbesondere komplexe, hoch oben, mitten durch oder über den Schließmuskel verlaufende (trans-, supra- und extrasphinktäre) Fisteln durch die Gummizügelmarkierung für spezielle OP-Verfahren vorbereitet werden, denn diese komplizierteren und leider auch anfälligen Verfahren haben nur in absolut entzündungsfreiem Zustand Aussichten auf erfolgreiche Heilung.

Das Prinzip dieser komplizierteren und in zahlreichen Varianten existierenden Verfahren ist stets die

  1. vorsichtige Ausräumung des Fistelgewebes,
  2. der mehr oder weniger aufwändige Verschluss der inneren Fistelöffnung am Oberrand des Analkanals (plastischer Analfistel-Verschluss) und
  3. ggf. die Plombierung des ehemaligen Fistelgangs z. B. mit einer speziellen Paste (Analfistel-Verschluss mittels Permacol©-Paste), welche nach und nach durch körpereigenes Narbengewebe ersetzt wird.

Während die einfache Ausschneidung einer oberflächlich unter der Haut verlaufenden (subanodermale) Fistel (Fistulektomie oder Fistulotomie) sehr sicher zur Heilung führt, haben die komplizierten OP-Verfahren eine hohe Versagerquote bis zu etwa 50 Prozent und müssen dann wiederholt solange angewendet werden, bis Heilung erzielt wurde.

In seltenen Fällen, eher bei alten Patienten oder bei Morbus Crohn, kann es auch einmal angeraten sein, keine OP mehr zu versuchen, sondern den Gummi-Zügel dauerhaft zu belassen.

Abb.: Analfistelverschluss hoher transsphinktärer Analfistel

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 transsphinktäre Analfistel
5 röhrenförmige „Aushülsung“ der transsphinktären Analfistel, nach außen a) etwas erweitert
6 mehrreihiger Nahtverschluss der ursprünglichen inneren Fistelöffnung unter Offenblassen der röhrenförmigen Wunde nach außen zur Sekundärheilung
7 Alternativmethode: Auffüllen der röhrenförmigen Wunde mit aushärtender Paste und
8 einfacher Verschluss der inneren Fistelöffnung
7.

Analtumoren (Analpolypen, Marisken, Feigwarzen, Analkrebs)

Am After kann es im Laufe des Lebens zur Ausbildung unterschiedlichster erhabener Veränderungen kommen. Generell werden solche „Gewebsvermehrungen“ in der Medizin zunächst als „Tumor“ oder „Polyp“ bezeichnet, was keineswegs mit Krebs gleichzusetzen ist.

Bemerken Patienten solche „Tumore“ am After, glauben sie meist, dies seien Hämorrhoiden – was jedoch in den allermeisten Fällen nicht zutrifft, denn Hämorrhoiden können nur selten getastet werden.

Deshalb werden in diesem Kapitel die am After häufigsten, jedoch unterschiedlichsten Arten solcher „Tumore“ erklärt – von harmloser, altersbedingter Faltenbildung bis hin zum sehr seltenen, aber ernsten Analkarzinom (Krebs).

Mariske

Eine Mariske ist eine harmlose, altersbedingte Faltenbildung außen am After. Sie kann wenige Millimeter bis zu zwei bis drei cm Größe betragen, einzeln oder mehrfach vorkommen. Sie kann die Analhygiene erschweren und sehr selten nach wiederholtem Abputzen einmal reaktiv anschwellen und gering schmerzen. Normalerweise reicht dann eine gute Pflege durch Verwendung einer Hautschutz-Salbe.

Hypertrophe Analpapille

Am Oberrand des Analkanals befindet sich die Übergangszone zum Enddarm. Von hier aus bilden sich bedingt durch Alterung sowie durch mechanischen Zug beim Stuhlgang kleine „Zäpfchen“, die man hypertrophe Analpapillen (Katzenzähne) oder auch fibröse Analpolypen nennt. Meist sind diese harmlosen Befunde nur zwei bis drei mm groß und werden gar nicht bemerkt. Selten können Sie größer werden, beim Stuhlgang zumindest kurzfristig hervortreten und so bemerkt werden.

Noch seltener können sie gereizt und geschwollen sein und dadurch gering schmerzhaft werden.

Sowohl für Marisken als auch hypertrophe Analpapillen gilt, dass eine operative Entfernung nur bei sehr großen und sehr störenden Befunden erfolgen sollte, da sämtliches anales Gewebe wichtig für eine gute Kontinenz ist und möglichst nicht geschädigt oder gar entfernt werden sollte.

Condyloma accuminata (Feigwarzen)

Condyloma accuminata sind einzelne oder zahlreiche, zum Teil rasen- oder gar polypenartig auftretende Feigwarzen im Genital- und Analbereich, die durch bestimmte Typen von humanen Papillom-Viren (HP-Viren) verursacht werden. Besondere Beschwerden bereiten sie nicht und fallen lediglich als sicht- und fühlbare Knötchen auf. Condylomata accuminata sind allerdings im Rahmen des Sexualverkehrs ansteckend.

Es ist deshalb geboten, jeweils die Genitalien gynäkologisch und urologisch sowie die entsprechenden Partner mit untersuchen zu lassen. Sexualverkehr sollte bis zur Heilung ausschließlich mit Kondomen geschützt erfolgen!

Eine Behandlung sollte unbedingt immer erfolgen, wegen der sich sonst immer weiter ausbreitenden Condylome sowie der, wenn auch seltenen, Möglichkeit, dass sich lange bestehende und große Feigwarzen selten einmal zu einem Analkarzinom (Analkrebs) entwickeln können!

Meist können kleine und einzelne Feigwarzen durch spezielle, örtlich aufzutragende Cremes erfolgreich behandelt werden.

Bei ausgedehnten Befunden müssen die Kondylome allerdings operativ entfernt werden, weil hier die konservative Therapie nicht mehr ausreicht.

Analkarzinom (Analkrebs)

Ursachen

Ein Analkarzinom ist ein seltener bösartiger Hautkrebs im Bereich des Analkanals (Analkanalkarzinom) sowie der Haut um den After (Analrandkarzinom). Ähnlich wie auch der Gebärmutterhalskrebs (Cervixkarzinom) der Frau wird das Analkarzinom bei beiden Geschlechtern meist durch bestimmte Typen von humanen Papillom-Viren (HP-Viren) verursacht. Selten kann sich ein Analkarzinom einmal auch aus lange bestehenden und sehr großen Condylomata accuminata (Feigwarzen) entwickeln – sehr viel häufiger jedoch entsteht es über viel unscheinbarere Vorstufen.

Diagnostik & Behandlung

Zur Therapie gibt es sehr detaillierte Leitlinien, deren Erläuterung diesen Rahmen sprengen würde. Die Behandlung richtet sich im Wesentlichen nach der Größe des Tumors.

Sehr kleine, zunächst natürlich noch unklare bzw. verdächtige Befunde können und sollen stets komplett im Gesunden entfernt werden – allerdings nur, wenn dies ohne Schädigung der Kontinenz möglich ist. Gelingt dies, kann diese Maßnahme bereits zur Heilung führen.

Größere Befunde, insbesondere unter Befall des Schließmuskels bedürfen zum Beweis der Erkrankung nur eine Gewebsprobeentnahme zur feingeweblichen Untersuchung unter dem Mikroskop (histologische Sicherung). Nach dann weiterer Diagnostik bzgl. evtl. Tumorabsiedlungen in den Lymphknoten oder anderen Organen (im Wesentlichen Computertomographie CT, Kernspin = Magnetresonanztomographie MRT) besteht die Behandlung aus einer Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie (Radiochemotherapie) mit guten Heilungserfolgen.

Sollten bei den engmaschigen Folgekontrollen nach dieser Behandlung noch Tumorreste vorhanden oder nach längerer Zeit erneut ein Analkarzinom entstanden sein, dann erst muss eine aufwändige Operation mit Entfernung des Enddarms samt Schließmuskel sowie der regionalen Lymphkonten erfolgen (Rektumexstirpation). Hierbei müsste dann ein lebenslanger, dauerhafter Dickdarmausgang (Kolostoma) angelegt werden.

8.

Stuhlinkontinenz

Ursachen

Stuhlinkontinenz ist der moderne Fachbegriff – früher anale Inkontinenz genannt – für die „Undichtigkeit“ des analen Kontinenzorgans und äußert sich in ungewolltem Stuhl- und Windverlust in verschiedenen Ausprägungen.

Prinzipiell kann es an einer oder mehreren der drei Komponenten des „Kontinenzorgans“, bzw. der diese Strukturen versorgenden Nerven zu Schädigungen kommen:

  • muskuläre Komponente (Schließmuskel)
  • sensorische Komponente (Analkanalhaut)
  • feinabdichtende Komponente (Hämorrhoidalkomplex)

Während Alterungsprozesse auf ganz natürliche Weise alle diese drei Komponenten in ihrer Funktion reduzieren, reicht dies normalerweise noch nicht für eine relevante Inkontinenz aus.

Abb.: Anatomie After / Kontinenzorgan

Abb.: Anatomie After / Kontinenzorgan
1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal

Schließmuskelschäden durch Geburt

Fast immer müssen noch weitere Schäden hinzutreten, wobei besonders Frauen gefährdet sind. Denn die Schließmuskeln sind, entwicklungsgeschichtlich bedingt, bei Frauen schwächer als bei Männern ausgeprägt, um den Geburtsvorgang weniger zu behindern. Und trotzdem führt gerade eine Geburt oft zu mehr oder weniger großen Rissen an der Schließmuskulatur oder zu Überdehnungsschäden der Nerven (Nervus pudendus), welche die Schließmuskeln und den Beckenboden versorgen.

Während ein Dammriss als ausgeprägte Schädigungen ja sofort erkannt und operativ korrigiert wird, äußern sich „versteckte“ Schließmuskel- und Nervenschäden oft erst verspätet in höherem Lebensalter als Stuhlinkontinenz.

Neben diesen Inkontinenzbeschwerden können als Folge eines Geburtsschadens allerdings noch weitere Symptome entstehen wie z. B. Stuhlentleerungsstörungen, Urininkontinenz sowie „Senkungsbeschwerden“ mit Blasen-, Gebärmutter-, Scheiden- und auch Enddarmvorfall.

 

Schließmuskelschäden durch Operationen

Desweiteren können Operationen im Analbereich, z. B. wegen Hämorrhoiden, Fisteln oder Abszessen, zu Schädigungen der Schließmuskulatur, des Hämorrhoidalbereichs (Feinabdichtung) und der Analkanalhaut (sensorische Inkontinenz) führen. Während massive Schäden sofort spürbar werden, können kleine Schäden sich ebenso erst in höherem Lebensalter bemerkbar machen.

 

Weitere Ursachen

Darüber hinaus gibt es noch weitere Ursachen, wie z.B. ausgeprägter Diabetes mellitus, welcher über die durch ihn verursachte Nervenschädigung (Polyneuropathie) zur Inkontinenz führt, Rückenverletzungen mit folgender Nervenbeeinträchtigung oder auch manche Medikamente.

Symptome

Eine Stuhlinkontinenz kann sich folgendermaßen bemerkbar machen:

  • In unbemerktem Stuhlschmieren bzw. Stuhlverlust mit überraschend verschmutzter Unterwäsche und der hierdurch bedingten Notwendigkeit zur Verwendung von Slip-Einlagen. Die dauerhafte Verschmutzung am After reizt die Haut und löst oft Jucken und Brennen aus.
  • In ungewolltem Stuhlverlust trotz bemerktem Stuhldrang, also dem Unvermögen, Stuhldrang ausreichend lange bis zum Erreichen einer Toilette zu verzögern (Dranginkontinenz). Flüssiger Stuhl ist dabei schwieriger zu kontrollieren als fester Stuhl.
  • In ungewolltem Abgang von Winden, also dem Unvermögen, Winde z. B. in Gesellschaft zurückzuhalten.


Die Stuhlinkontinenz wird hierbei in drei Schweregrade eingeteilt:

  • Grad 1: Unvermögen Winde,
  • Grad 2: flüssigen Stuhl oder
  • Grad 3: festen Stuhl zu kontrollieren.

Behandlung - konservative Therapie

Außer bei ganz offensichtlichen, frischen Verletzungen der Schließmuskulatur, insbesondere bei Geburtsverletzungen (ausgeprägten Dammrissen), welche sofort oder zumindest zeitnah operativ versorgt werden sollten, steht an erster Stelle die konservative Therapie.

Hierbei wird insbesondere bei Neigung zu weichem oder flüssigem Stuhl zuerst immer die Stuhleindickung mittels entsprechender Ernährung (Ernährungsberatung) oder Zusatzstoffen (z. B. Flohsamenschalenpulver) und die Gabe „bremsender“ Medikamente (z. B. Loperamid) angeraten. Der daraufhin feste Stuhl kann dann sehr viel besser kontrolliert werden.

Ein weiterer Trick besteht darin, sich einen „sicheren“ Zeitraum, z. B. für die Dauer eines Abends zu verschaffen, indem Stuhlgang zuvor gezielt mittels Einlauf (bis hin zur vollständigen Darmspülung – Irrigation) oder Zäpfchen ausgelöst wird: der Enddarm ist dann entleert und es kann für einige Stunden nichts mehr „passieren“.

Durch intensives Beckenboden- und Schließmuskeltraining, am effektivsten als sogenanntes Biofeedback-Training, kann die Kontinenz oft anhaltend und relevant verbessert werden.

Wenngleich diese Lösungen keine Heilung darstellen, helfen sie trotzdem in hohem Maße, die Lebensqualität zu verbessern und, insbesondere bei den sehr oft älteren Patienten, eine dann mit erhöhten Risiken verbundene Operation zu vermeiden.

Operative Behandlungsmethoden

Umgekehrt, je ausgeprägter die Stuhlinkontinenz und je jünger die Patienten sind, desto größer ist natürlich der Wunsch nach einer besseren und möglichst auch dauerhaften Therapie.

Hierfür gibt es mehrere chirurgische, bzw. proktologische Verfahren, die je nach individueller Situation eingesetzt werden können. Hier ein kurzer Überblick.

 

Sphinkter-Repair-Operationen

Prinzipiell können (geburts-)verletzungsbedingte, umschriebene Schließmuskelschäden operativ korrigiert werden. Allerdings ist prinzipiell Muskulatur nur sehr schwer dauerhaft heilend zu vernähen, sodass auch Sphinkter-Repair-Operationen keine sichere Heilung versprechen können.

 

(Dynamische) Graciloplastik oder Sakral-Nerv-Stimulation

Alternativ oder bei allgemeiner, ausgeprägter Schließmuskelschwäche kann versucht werden, durch Umleitung eines langen, dünnen Beinmuskels (M. gracilis) hin zum After und um diesen herum, einen neuen Schließmuskel zu schaffen (Graciloplastik). Da dieser Beinmuskel allerdings natürlicherweise nicht dauernd angespannt sein und so den After verschließen kann, wird zusätzlich ein Schrittmacher zur elektrischen Dauerstimulation dieses Muskels (dynamische Graciloplastik) eingesetzt, ähnlich einem Herzschrittmacher.

Bei bestimmten Inkontinenzformen mit anatomisch intaktem Schließmuskel kann ein Schrittmacher implantiert werden, der seine Impulse über die – allerdings notwendigerweise intakte – Nervenversorgung zur Beckenbodenmuskulatur abgibt (Sakral-Nerv-Stimulation, SNS).

Sowohl bei der dynamischen Graciloplastik als auch bei der immer mehr bevorzugten Sakral-Nerv-Stimulation kann der Patient mittels Auflegen eines Magneten auf den Schrittmacher, die elektrische Muskelstimulation für die Dauer der Stuhlentleerung unterbrechen.

 

Künstlicher Schließmuskel

Auch ein vollständig künstlicher Schließmuskel wurde erfunden (Artificial Bowel Sphincter), der als variabel flüssigkeitsgefüllte Manschette um den Analkanal implantiert wird. Im Normalzustand ist die Manschette prall gefüllt und der After abgedichtet. Zur Stuhlentleerung wird mittels einer kleinen Pumpe, eingesetzt im Hodensack oder einer der äußeren Schamlippen, kurzzeitig die Manschette abgelassen.

Auch ein neuartiger variabler Magnetring, bestehend aus einer Kette aus magnetischen kugeligen Elementen kann zirkulär um den After implantiert werden. Im Normalzustand liegen die Elemente dicht einander an und der Ring ist eng. Ab einer gewissen Überdehnung des Rings bzw. der Elemente, verlieren diese ihre Anziehungskraft und der Ring wird locker und weit.

 

Weitere Verfahren

Einfachere proktologische Verfahren sind das Einspritzen bzw. Unterfüttern des Analkanals, bzw. des Schließmuskels, mit bestimmten Stoffen, sodass hierdurch der Analkanal enger und so dichter wird. Allerdings verflüchtigen sich diese Stoffe im Laufe der Zeit und die Methode muss stets wiederholt werden.

Zum Glück sind aufgrund der oben geschilderten, konservativen Therapiemaßnahmen operative Eingriffe nur selten notwendig. Und die allerletzte Maßnahme, eine Windelpflichtigkeit zu vermeiden, nämlich einen künstlichen Darmausgang anzulegen, ist eine Rarität geworden.

Konsiliararzt Koloproktologie

Insbesondere auf dem Gebiet der Inkontinenz besteht mit Prof. Dr. Klaus E. Matzel, Sektionsleiter Koloproktologie an der Chirurgischen Universitätsklinik Erlangen, Entwickler der Sakral-Nerv-Stimulation (SNS) und in Fachkreisen weltweit bekannter Kontinenzexperte, eine Kooperation mit regelmäßigen Sprechstunden und Operationen in unserer Klinik.

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9.

Beckenbodensenkung, Stuhlentleerungsstörung, chronische Verstopfung, Enddarmvorfall

Ursachen

In seltenen Fällen kann es angeborenerweise sowohl bei Frauen als auch Männern zu einer immer noch unverstandenen, funktionellen Schädigung des Beckenbodens mit Stuhlentleerungsstörung kommen. Es resultiert hierbei eine chronische Verstopfung (Obstipation), bedingt durch eine erschwerte Stuhlentleerung (Stuhlauslaß-Obstruktion; Obstructed Defecation Syndrome = ODS), welche bereits in jungen Jahren durch ständig wiederholtes Pressen beim Stuhlgang zu einem Enddarmvorfall (Rektumprolaps) führen kann.

Der wesentlich häufigere Fall ist allerdings eine geburtsbedingte Schädigung des muskulären Beckenbodens samt Schließmuskeln sowie der diese Strukturen versorgenden Nerven (Nervus Pudendus) bei Frauen. Während in jungen Jahren diese Schäden oft gut kompensiert werden, treten die Folgen meist nach natürlichen Alterungsprozessen erst in höherem Lebensalter auf.

Einerseits kann es zu einer offensichtlichen Stuhlundichtigkeit (Stuhlinkontinenz) kommen und andererseits, im Falle begleitendender Organsenkungen – insbesondere bei einem Enddarmvorfall (Rektumprolaps) – zum genauen Gegenteil, nämlich einer erschwerten Stuhlentleerung (Stuhlauslaß-Obstruktion; Obstructed Defecation Syndrome = ODS) mit chronischer Verstopfung (Obstipation).

Neben dem geschilderten Enddarmvorfall kann es auch zu Senkungen der Urinblase (Zystozele), der Gebärmutter und der Scheide (Uterus- und Vaginalprolaps) sowie des Darms kommen – je nach sich vorwölbenden Darmabschnitten - als Enterozele (Dünndarm), Sigmoidozele (unterer Dickdarm = Sigma) oder Rektozele (Enddarm) vor.

Abb.: Beckenboden- und Enddarmsenkung

Symptome

  • Häufig ist ein unangenehmes Druckgefühl im Unterleib, insbesondere bei Belastung, also beim Heben und Tragen sowie bei langem Laufen vorhanden. Im Falle einer Blasensenkung kann es zu einer Urinbelastungsinkontinenz (unwillkürlicher Urinverlust beim Husten und Niesen) und einer Vorwölbung der Scheidenvorderwand (Zystozele) kommen.
  • Es kann sich die Gebärmutter samt Scheide zunehmend senken, bis zum kompletten Vorfall nach außen (Uterusprolaps).
  • Senkungen des Darms können zu einer Vorwölbung der Scheidenhinterwand insbesondere beim Stuhlgang führen – je nach sich vorwölbenden Darmabschnitten als Enterozele (Dünndarm), Sigmoidozele (unterer Dickdarm = Sigma) oder Rektozele (Enddarm).
  • Darüberhinaus kann sich eine Senkung ausschließlich im Enddarmbereich über eine anfängliche, vorübergehende Einstülpung in sich (Intussuzeption) bis zu einem dauerhaften äußeren Enddarmvorfall (Rektumprolaps) entwickeln.
  • Neben einem unangenehmen Druckgefühl im Enddarmbereich mit gegebenenfalls dann sicht- und tastbarem Enddarmvorfall äußern sich die verschiedenen Darmsenkungen alle oft in einer erschwerten Stuhlentleerung (Stuhlauslaß-Obstruktion; Obstructed Defecation Syndrome = ODS).
  • Typisch sind dann Presszwang, unter Umständen vergebliche Entleerungsversuche trotz Stuhldrang, des Gefühls der unvollständigen Entleerung, bzw. Entleerung nur in kleinen ballenartigen Portionen sowie immer wiederkehrendem Stuhldrang und auch die Notwendigkeit bei der Stuhlentleerung die Scheidenhinterwand oder den Damm mit den Fingern zu schienen, die Stuhlentleerung mittels Einläufen oder Zäpfchen zu erleichtern, oder sich mit den Fingern den Enddarm zu entleeren. Folge ist eine chronische Verstopfung (Obstipation).
  • Zusätzlich kann die zunehmende Einstülpung des Enddarms in sich (Intussuzeption) zu einer chronischen Reizung der Enddarmschleimhaut (Ulcus simplex recti) mit wiederholten analen Blutungen führen.

Behandlung - konservative Therapie

Außer beim ganz offensichtlichen äußeren Rektumprolaps (Enddarmvorfall), welcher am besten operativ versorgt werden sollte, steht an erster Stelle die konservative Therapie.

Hierbei ist die Stuhlweichhaltung mittels entsprechender Ernährung (Ernährungsberatung) oder die Einnahme von Quellstoffen (z. B. Macrogol) bei hoher Trinkmenge zentral. Essentiell ist dabei, dass der so weichgehaltene Stuhl besser entleert werden kann und das schließmuskelschädigende Pressen dauerhaft vermieden werden muss!

Zusätzlich kann die Stuhlentleerung mittels Einläufen – bis hin zur aufwändigen Darmspülung (Irrigation) – und Zäpfchen erleichtert werden.

Wenngleich diese Lösungen keine Heilung darstellen, helfen sie trotzdem in hohem Maße die Lebensqualität zu verbessern und insbesondere bei den sehr oft älteren Patienten, eine, dann mit erhöhten Risiken verbundene, Operation zu vermeiden.

Operative Behandlungsmethoden

Umgekehrt, je ausgeprägter die Beschwerden und je jünger die Patienten sind, desto größer ist natürlich der Wunsch nach einer besseren und möglichst auch dauerhaften Therapie.

Hierbei gibt es eine sehr große Zahl an urogynäkologischen und chirurgisch-proktologischen operativen Verfahren, die je nach individueller Situation auch kombiniert eingesetzt werden können. Im Folgenden kann nur ein kurzer Überblick über chirurgisch-proktologische Techniken bei der Stuhlauslaß-Obstruktion (Obstructed Defecation Syndrome = ODS) und dem Rektumprolaps gegeben werden.

Allen Verfahren ist allerdings gemein, dass es bis heute keine verlässlichen Erkenntnisse gibt, welche Verfahren am besten eingesetzt werden sollten. Die persönliche Expertise in einer zurückhaltenden Anwendung dieser Operationen ist demnach immer noch von zentraler Bedeutung.

Abb.: Zu erreichende normale Konfiguration des Enddarms im kleinen Becken

OP-Methoden bei Rektumprolaps

Wie zuvor bereits erwähnt, kann ein äußerer Rektumprolaps am besten begründet operativ versorgt werden. Aber allein hier konkurrieren bereits verschiedenste Operationstechniken, wobei prinzipiell zwischen

  • schonenderen lokalen (direkt am Beckenboden, bzw. Enddarm von außen) und
  • aufwändigeren abdominellen (von oben innen über den Bauchraum) Verfahren unterschieden wird.

Der wichtigste Unterschied besteht hierbei in der Notwendigkeit zur Vollnarkose bei abdominellen und der Möglichkeit zu örtlichen Betäubungsverfahren bei lokalen Operationen.

Lokale Verfahren ("von außen"):

Delorme-Operation:

eine ziehharmonikaartige und mit zahlreichen Nähten gesicherte Raffung und Reposition (Zurückschieben) des Enddarms.

 

Vorfall-Entfernung:

chirurgische Entfernung des vorgefallenen Enddarmabschnitts und Wiederherstellung der Darmverbindung mit Handnaht (Altemeier-Resektion) oder Entfernung und Nahtwiederherstellung mittels Klammernahtgeräten.

Abdominelles Verfahren ("von innen"):

Die abdominellen Operationen, welche heutzutage fast ausschließlich in minimal-invasiver Technik (Schlüsselloch-Technik über mehrere kleine Schnitte) angewandt werden, zielen auf ein inneres Straffen und Hochziehen („Lifting“) des vorgefallenen Enddarms mit dauerhafter Fixierung desselben „innen oben“ am Beckenknochen ab (Rektopexie). Dieses Anheften kann entweder alleine mit Nähten (Naht-Rektopexie) oder besser unter Zuhilfenahme eines Netzes (Netz-Rektopexie nach Ripstein oder nach Wells) erfolgen.

Seltener wird eine Naht-Rektopexie – also ohne Netz-Einlage – zusätzlich mit der Entfernung eines überlangen unteren Dickdarmabschnittes kombiniert (Resektions-Rektopexie nach Fryckman-Goldberg).

Hierbei bevorzugen wir ein modernes und – wie wir glauben – sehr schonendes und sicheres Verfahren, nämlich die laparoskopische ventrale Rektopexie unter Verwendung eines biologischen Netzes in minimal-invasiver Technik.

OP-Methoden bei Stuhlauslass-Obstruktion

Bei der Stuhlauslass-Obstruktion (Obstructed Defecation Syndrome = ODS) ohne Enddarmvorfall ist die operative Verfahrenswahl schwieriger und außerdem noch mehr chirurgische Zurückhaltung angeraten.

Je nach vermutlich zugrunde liegender Ursache dieser Stuhlentleerungsstörung gibt es wiederum mehrere Möglichkeiten.

Lokales Verfahren ("von außen"):

Bei Vorliegen einer großen Vorwölbung des Enddarms nach vorne in die Scheide hinein (Rektozele) kann wiederum ein lokales Verfahren zum Einsatz kommen: STARR-Operation (Stapled Transanal Rectal Resection) oder Contour®-Transtar™-Operation. Hierbei wird die nach vorne ausgebeulte Enddarmwand mittels spezieller Klammernahtinstrumenten ausgestanzt und gleichzeitig der Defekt durch eine Klammernaht verschlossen. So einfach diese lokalen Methoden erscheinen, so unvorhersehbar kann der Erfolg und auch die Komplikationsrate sein.

Abdominelles Verfahren ("von innen"):

Deshalb bevorzugen wir auch hier die schonende laparoskopische ventrale Rektopexie unter Verwendung eines biologischen Netzes. Sie eignet sich nicht nur bei der Auslassobstruktion aufgrund einer Rektozele (Enddarmvorwölbung nach vorne in die Scheide) sondern auch bei einer Senkung des Dünndarms (Enterozele) und/oder des unteren Dickdarms (Sigmoidozele) auf den Beckenbeckenboden samt Enddarm und die Scheidenhinterwand.

Im Folgenden wird dieses Verfahren näher erläutert.

Laparoskopische ventrale Rektopexie unter Verwendung eines biologischen Netzes

Narkose und Schmerzbehandlung

Trotz Operation in Vollnarkose werden zur besseren und nebenwirkungsärmeren Schmerzbehandlung die Bereiche der kleinen Schnitte mit einem lang wirksamen, örtlichen Betäubungsmittel zu Beginn der Operation unterspritzt.

Durch diese Maßnahme sollte zusammen mit herkömmlichen Schmerzmitteln (Infusion, Tabletten, Tropfen) die Schmerzen in den Tagen nach der Operation auf der „Schmerzskala“ NRS (kein Schmerz [0] bis Maximalschmerz [10]) allenfalls Stufe 3-4 betragen, also gut erträglich sein.

Operationsprinzip

Es wird in minimal-invasiver (Schlüsselloch-) Technik (Bauchspiegel-Technik = Laparoskopie) über insgesamt drei bis vier Schnitte operiert. Der Schnitt am Nabel, über den später das Netz eingebracht wird, beträgt zwölf mm. Die weiteren Schnitte sind lediglich je fünf mm lang.

  1. Es wird der Patient vorwiegend in Kopftieflage operiert, sodass bereits durch die Schwerkraft, der abgesenkte Beckenboden samt Organen, bzw. einem Enddarmvorfall, von selbst wieder höher tritt.
  2. Anschließend wird im kleinen Becken das Bauchfell (eine dünne, die Bauchhöhle auskleidende Haut) eröffnet und in der Tiefe die natürlicherweise vorhandene, breite Verwachsungsfläche zwischen dem Enddarm und der Scheide, bzw. der Prostata, gelöst. Es wird also der Raum vor dem Enddarm (deshalb „ventrale“ Rektopexie) eröffnet und hier bis tief auf den Schließmuskel und den Beckenboden präpariert. Dieser Zugang ermöglicht eine besonders gute Schonung des Beckenbodens, der Blase und der Genitalien versorgenden Nerven, welche von hinten und seitlich anlaufen.
  3. Anschließend wird ein vier cm breites biologisches Netz mit insgesamt acht bis zehn einzelne Nähten sehr sorgfältig auf den tiefsten vorderen Abschnitt des Enddarms genäht. Danach kann der Enddarm und der Beckenboden mittels dieses aufgenähten Netzes hochgezogen (geliftet) und schließlich das Netz im oberen Anteil passgenau und straff am Beckenknochen (Promontorium) mit Titanklammern dauerhaft festgemacht werden. Der überstehende Netzanteil wird entsprechend gekürzt. So ist der Beckenboden elastisch hochgezogen, der Enddarm am erneuten Vorfallen gehindert und der Bereich Enddarm/Scheide gut stabilisiert. Auch eine ursprünglich eventuell tiefer getretene Gebärmutter oder – in geringerem Maße – sogar die Blase ist so mit angehoben.
  4. Abschließend wird dieser gesamte Bereich samt Netz im kleinen Becken durch einen Nahtverschluss des Bauchfells komplett abgedichtet. Der tiefste Bereich der Bauchhöhle ist somit rekonstruiert – ohne direkten Kontakt des restlichen Darmes zum Netz.

 

Wundverschluss

Alle Schnitte werden mit sich auflösenden Fäden sehr stabil genäht. Die Haut wird mit Kleber verschlossen. Fäden müssen nicht entfernt werden.

 

Besonderheiten mit Vor- und Nachbereitung der Operation

Wichtig ist, dass zumindest in den ersten drei Monaten nach der Operation kein erhöhter Druck auf den Beckenboden ausgeübt wird, bis eine ausreichende Einheilung und Narbenbildung entstanden ist. Hierzu soll für sechs Wochen Geschlechtsverkehr und für drei Monate schweres Heben und Tragen über zehn kg Gewicht sowie Pressen beim Stuhlgang vermieden werden. Deshalb ist eine Verstopfung nach der Operation unbedingt zu verhindern.

Um die Stuhltätigkeit möglichst schonend einsetzen zu lassen, muss vor der Operation der Darm mittels einer Trinklösung komplett gereinigt werden und danach ein langsamer Kostaufbau unter großzügiger Einnahme von Stuhlweichmachern (z. B. Macrogol) erfolgen.

Bedingt durch den weichen Stuhlgang kann eine oft begleitende Schließmuskelschwäche insbesondere in den ersten Wochen durchaus zu Kontinenzproblemen führen. Jedoch resultiert die Operation ja auch in einer gewollten Druckentlastung des Beckenbodens samt Schließmuskel mit hierdurch erwünschter Erholung dessen Funktion. Spätestens mit dem Ende der Stuhlweichhaltung nach Ablauf von drei Monaten wird bei, dann wieder erlaubtem festen Stuhl, eine akzeptable Kontinenz erreicht.

Abb.: Beckenboden- und Enddarmrekonstruktion mittels ventraler laparoskopischer Rektopexie unter Verwendung eines biologischen Netzes

Abb.: Schnitte bei laparoskopischer ventraler Rektopexie mit biologischem Netz

Nachteile dieser OP-Methode

  • Die Operation ist nur in Vollnarkose machbar.
  • Es ist noch nicht vorhersehbar, wie viele Jahre der OP-Erfolg anhalten wird.

Vorteile dieser OP-Methode:

  • Es handelt sich um eine sehr schonende minimal-invasive-Methode (in Schlüsselloch-Technik).
  • Der Präparationsbereich „vorne“ (ventral) am Enddarm birgt weniger Verletzungsgefahr von Nerven, welche jeweils von hinten seitlich den Beckenboden, Schließmuskel, die Blase und innere Genitalien versorgen.
  • Es erfolgen keine unwiderruflichen oder risikoreiche Maßnahmen.
  • Es geht kein Darmabschnitt verloren.
  • Hierdurch besteht kein Risiko einer gefährlichen Nahtundichtigkeit am Darm mit Stuhlaustritt.
  • Kein Einsatz eines dauerhaften Fremdkörpers / Netzes mit eventuellen Spätschäden, wie z. B. der schleichenden Verletzung umliegender Organe. Das biologische Netz löst sich nämlich ganz langsam über Monate hinweg auf und wird in eine feste körpereigene Vernarbung umgewandelt.
  • Die Operation wäre prinzipiell wiederholbar.