Anatomie des Enddarms und des Afters mit Schließmuskeln und Beckenboden
Die letzten etwa 15 cm des Dickdarms (Kolon) werden als Enddarm (Mastdarm = Rektum) bezeichnet. Dieser wiederum mündet am After in den etwa zwei bis drei cm langen Analkanal im muskulären Beckenboden. Hier befindet sich das sehr leistungsfähige und komplexe Kontinenzorgan, auch "Schließapparat" genannt.
Der "Schließapparat" besteht aus einer
- muskulären (innerer und äußerer Schließmuskel [Sphinkter ani internus und externus]),
- feinabdichtenden (kissenartiger, blutgefüllter Schwellkörper des Hämorrhoidalkomplexes) sowie einer
- sensorischen (hochempfindliche Analkanalhaut) Komponente.
Der permanent aktive und nur beim Stuhlgang automatisch erschlaffende innere Schließmuskel (Sphinkter ani internus) sorgt dabei für die „grobe“ Dichtigkeit. Er kann willentlich nicht gesteuert werden. Der äußere Schließmuskel (Sphinkter ani externus) hingegen wird bei aufkommendem Stuhldrang bewusst zur Verzögerung betätigt. Er ist allerdings im Gegensatz zum inneren Schließmuskel nicht ermüdungsfrei und kann nur kurzfristig zur Verhinderung einer sonst sofort erfolgenden Stuhlentleerung betätigt werden – bis zum zeitnahen Erreichen einer Toilette.
Funktionsweise und Störungen
Alle drei Komponenten müssen funktionsfähig zusammenspielen um Winde sowie flüssigen und festen Stuhl (Stuhlqualität) differenziert zu erkennen (sensorische Diskrimination im Bereich der hochempfindlichen Analkanalhaut) und grobe (muskuläre) und feine (Hämorrhoidalplexus) Dichtigkeit zu gewährleisten. Darüberhinaus muss eine gezielte und letztlich gewollte Entleerung von einerseits selektiv nur Winden oder andererseits von Stuhlgang ermöglicht werden.
Störungen bzw. Schädigungen einzelner dieser Komponenten führen zu unterschiedlichen Formen der
- Stuhlundichtigkeit (Stuhlinkontinenz),
- Stuhlentleerungsstörung (Stuhlauslassobstruktion) oder
- Beckenbodensenkung (Deszenus) mit Organvorfällen (Prolaps).
Bei letzterem kann es zu Dünn-, Dick- und Enddarmvorfällen kommen, wobei – je nach Schädigungsausmaß – auch die benachbarte Blase (Urininkontinenz, Urinentleerungsstörung) und bei Frauen auch die inneren Genitale mit betroffen sein können (Blasen-, Gebärmutter- und Scheidenvorfälle).
Fachgebiet Proktologie
Diese von Laien und oft auch Ärzten gewöhnlich sehr unterschätzte Komplexität im anatomischen Feinbau und funktionellen Zusammenspiel erklärt die große Bandbreite an differenzierten Erkrankungsmöglichkeiten und die Notwendigkeit zu bester proktologischer Expertise im Erkennen und Behandeln dieser Erkrankungen. Darüber hinaus ist insbesondere bei operativen Eingriffen die perfekte Kenntnis der umliegenden Strukturen sowie deren dezidierte Schonung Pflicht.
So erklärt sich zwanglos, dass Erkrankungen und leider auch Folgeschädigungen in dieser „unbeliebten“, gemiedenen Körperregion zu massiven, zentral das Leben bestimmenden Beeinträchtigungen führen können.