Morbus Crohn und Colitis ulcerosa - Bedeutung, Therapie und Operation
Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) handelt es sich um noch nicht in ihrer Ursache genau verstandene Darmerkrankungen mit höchst unterschiedlichen Ausprägungen – von einerseits nur geringen und u. U. nur einmaligen Entzündungsschüben bis hin zu sehr schweren, selten auch lebensbedrohenden und immer wieder erneut auftretenden Krankheitsanfällen.
Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um zwei unterschiedliche Erkrankungen:
- Morbus Crohn
- Colitis ulcerosa
In sehr seltenen Fällen gibt es nicht eindeutig zuzuordnende Mischformen, bzw. kann sich ein Morbus Crohn zu Colitis ulcerosa und umgekehrt entwickeln. Man spricht dann von Colitis indeterminata.
In erster Linie werden CED internistisch, also medikamentös behandelt. Bei den meisten Medikamenten handelt es sich hierbei um entzündungshemmende und die Immunabwehr schwächende Substanzen (Immunsuppressiva).
Operationen sind nur in besonderen Situationen erforderlich.
Morbus Crohn
Ausbreitung
Der Morbus Crohn kann sich im gesamten Magen-Darm-Trakt von der Speiseröhre bis zum After entwickeln. Er befällt alle Magen-Darm-Wandschichten und neigt zur Fistelbildung, also der Ausbildung einer krankhaften Verbindung zu anderen Organen, z. B. anderen Darmabschnitten, der Urinblase oder der Haut, insbesondere der Haut am After (Analfistel).
Eine endgültige Heilung ist bei Morbus Crohn nicht möglich.
Versagt die medikamentöse Therapie und kommt es deshalb zu Komplikationen, z. B. Fisteln, Abszessen (Eiteransammlungen) und Darmengstellen (Stenosen) muss operiert werden.
Operation
Operationen bei Morbus Crohn erfordern eine spezielle Erfahrung. Denn es handelt sich oft um schwerkranke Patienten, die entzündungshemmende Medikamente wie z. B. Kortison oder andere moderne, die Immunabwehr unterdrückende Arzneistoffe (sog. Immunsuppressiva) bekommen müssen. Diese können die Wundheilung an der Haut, an der Bauchdecke und insbesondere an der evtl. Darmnaht nach der Operation verschlechtern und so zu einer erhöhten Komplikationswahrscheinlichkeit führen.
Andererseits müssen spezielle, sonst nicht übliche Operationstechniken angewandt werden. Hierbei sollte unbedingt „darmsparend“ operiert und leichtfertige Darmteilentfernungen vermieden werden, da im Laufe eines Lebens wiederholte Darmteilentfernungen sonst einmal zu einem Kurzdarm-Syndrom führen könnten.
Engstellen (Stenosen) sollten deshalb wenn möglich besser mittels „Erweiterungsplastik“ (Strikturoplastik) versorgt werden. Auch die meist komplexen Analfisteln erfordern wohldosierte Operationen, um die Schließmuskelfunktion - also die Kontinenz - zu schonen: auch hier gilt bei aller Konsequenz: „Weniger ist hier oft mehr“.
Die komplexen und sehr individuell anzuwendenden Operationsverfahren sollen hier nicht näher erläutert werden. Prinzipiell sind jedoch auch beim Morbus Crohn minimal-invasive („Schlüsselloch-“) Techniken möglich.
Insgesamt ist es eine ärztliche Kunst, die nur gemeinsam von erfahrenen und gut abgestimmten internistischen Magen-Darm-Spezialisten (Gastroenterologen) und Bauchchirurgen (Viszeralchirurgen) bzw. Analspezialisten (Proktologen) gemeistert werden kann, die richtige Balance zwischen Medikation und Operation zu finden.
Colitis ulcerosa
Die Colitis ulcerosa beschränkt sich auf den Dick- und Enddarm (Kolorektum) und befällt hierbei nur die Schleimhaut, also die innerste Schicht. Demzufolge sind die Ausbildung abnormer Gangverbindungen zu anderen Organen (Fisteln) und Abszesse (Eiteransammlungen), aber auch Engstellen (Stenosen) extrem selten. Andererseits kann sich auf dem Boden jahrelanger ausgedehnter Entzündung eher einmal ein Darmkrebs (kolorektales Karzinom) entwickeln.
Wenngleich auch die Colitis ulcerosa in erster Linie medikamentös behandelt wird, so kann sie vor allem in drei Situationen doch einmal operiert werden müssen:
- Bei medikamentös nicht mehr beherrschbarem, akuten und sehr schwerem Befall des Dickdarms (toxisches Megakolon) als Notoperation
- Bei medikamentös nicht mehr beherrschbarem chronischen Befall sowie
- Bei drohender Krebsentwicklung nach jahrelangem und ausgedehntem Befall des Dick- und Enddarms
Während im Falle 1) eine Not-Operation mit Entfernung des Dickdarms (Kolektomie) und Anlage eines endständigen Dünndarmausgangs (Ileostomie) notwendig ist, kann in den Fällen 2) und 3) geplant eine ganz besondere Operation erfolgen: die Komplettentfernung des Dick- und Enddarms unter Erhalt des Schließmuskels mit Direktanschluss des Dünndarms an den After (restorative Proktokolektomie), allerdings unter Bildung eines neuen „Enddarmreservoirs“ als sogenannte Dünndarm-J-Tasche (Ileoanaler J-Pouch).
Durch diese Komplettentfernung des nicht lebensnotwendigen Dick- und Enddarms ist die Colitis ulcerosa chirurgisch heilbar – ganz im Gegensatz zum Morbus Crohn.