Hämorrhoidalleiden: Hintergründe und Behandlung - wann sollte operiert werden?

Hämorrhoiden sind eine "Volkskrankheit". Etwa jeder zweite Mensch leidet in seinem Leben - zumindest vorübergehend - darunter. Doch was sind Hämorrhoiden eigentlich genau, wie machen sie sich bemerkbar und wie werden sie am besten behandelt? In welchen Fällen ist eine Operation angeraten? Erste Fragen kann dieser Artikel beantworten. Für eine persönliche Beratung vereinbaren Sie bitte einen Termin mit unserer Fachabteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie an der Klinik Hallerwiese in Nürnberg.

1.

Was sind Hämorrhoiden?

Bei Hämorrhoiden, genauer, einem Hämorrhoidalleiden handelt es sich um eine Vergrößerung des bei jedem Menschen vorhandenen – und auch zur „Abdichtung“ (Kontinenzerhaltung) wichtigen – Hämorrhoidalplexus mit entsprechenden Symptomen.

Der normale Hämorrhoidalplexus ist ein sich am Oberrand des Analkanals befindlicher, arteriell gespeister Schwellkörper („blutgefülltes Kissen“), der zirkulär (kreisrund) den Enddarm dicht abschließt.

Abb.: Normaler Hämorrhoidalkomplex

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 arterieller Zufluss zum Hämorrhoidalkomplex
2.

Wie entstehen Hämorrhoiden?

Die genaue Ursache der Hämorrhoidalbildung ist unklar. Möglicherweise handelt es sich um eine entwicklungsgeschichtliche Schwachstelle: bedingt durch den aufrechten Gang lastet ein vermehrter Druck auf dem normalen Hämorrhoidalplexus mit dadurch folgender Neigung zur Vergrößerung. So leidet etwa jeder zweite Mensch einmal in seinem Leben zumindest vorübergehend an Hämorrhoiden.

Individuell begünstigend für eine Hämorrhoidenentstehung kann ständig vermehrtes Pressen bei gewöhnlich sehr hartem Stuhlgang im Rahmen einer chronischen Verstopfung sein sowie ein anlagebedingter, hoher Schließmuskeldruck.

Der Hämorrhoidalkomplex vergrößert sich dabei unter Ausbildung einzelner oder zirkulärer Hämorrhoidalknoten, die im Laufe der Zeit an Größe noch zunehmen.

3.

In welche Grade werden Hämorrhoiden eingeteilt?

Hämorrhoiden ersten Grades ( I. Grades) sind noch relativ klein und treten beim Stuhlgang nicht hervor. Allerdings führen sie zu ersten Beschwerden, z. B. Nässen, Jucken, Brennen und seltener Blutung.

Abb.: Hämorrhoiden verschiedener Grade

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 arterieller Zufluss zum Hämorrhoidalkomplex
5 Hämorrhoide I. Grades

Hämorrhoiden zweiten Grades (II. Grades) sind so vergrößert und auch gelockert, dass sie beim Stuhlvorgang kurzeitig mit hervortreten und von selbst wieder zurückgleiten.

6 Hämorrhoide II. Grades

Hämorrhoiden dritten Grades (III. Grades) sind so groß, lang und insgesamt tiefer nach unten und außen getreten, dass sie nicht mehr von selbst nach dem Stuhlgang zurück schlupfen, sondern zurück geschoben werden müssen.

7 Hämorrhoide III. Grades

Hämorrhoiden vierten Grades (IV. Grades) bleiben dauerhaft aus dem After ausgetreten, schwellen dann durch den Schließmuskeldruck an und beginnen zunehmend zu schmerzen: Hämorrhoidaleinklemmung (Inkarzeration).

Im Falle eines kompletten, zirkulären Vorfalls spricht man auch von einem Analprolaps. Hierdurch entsteht erstmals eine Notfallsituation, denn der zunächst frische Befund (Hämorrhoiden IVa) entwickelt sich ohne Behandlung in extrem schmerzhafte Hämorrhoiden IVb weiter, wobei das Hämorrhoidalgewebe druckbedingt abstirbt und zerfällt.

8 Hämorrhoide IV. Grades
4.

Symptome: Wie bemerke ich Hämorrhoiden?

Bereits eine geringe Vergrößerung des Hämorrhoidalkomplexes (Hämorrhoiden ersten Grades) führt zur Faltenbildung mit folgender Störung der Feinabdichtung des Enddarms. Der resultierende schleichende Sekretverlust aus dem Enddarm heraus führt zu Nässen mit chronischer Hautreizung, die sich in Jucken und Brennen am After bemerkbar macht.

Darüber hinaus kann es beim Stuhlgang zum Einreißen der Hämorrhoidalknoten kommen mit meist heller Blutung, sichtbar am Papier oder auch in der Toilettenschüssel. Blutungen können in allen Stadien auftreten, am ausgeprägtesten bei Hämorrhoiden zweiten und dritten Grades.

Das Hervortreten der Hämorrhoiden (bei Grad zwei und drei) beim Stuhlgang kann gefühlt werden. Ob es sich bei einem solchen Vorfall tatsächlich um Hämorrhoiden oder eine andere Erkrankung handelt, kann natürlich ein Patient selbst nicht entscheiden.

Hämorrhoiden ersten bis dritten Grades verursachen keine Schmerzen. Erst ab Grad vier (Einklemmung, Analprolaps) kommt es zunehmend zu massiven Schmerzen, wobei dann aber die Ursache eindeutig gesehen und vorsichtig getastet werden kann.

5.

Wie werden Hämorrhoiden behandelt? Wann wird operiert?

Aufgrund des sehr komplexen Hämorrhoidalleidens mit verschiedenen Ausprägungen und zahlreichen Therapieverfahren kann hier nur ein prinzipieller Überblick gegeben werden. Im Wesentlichen richtet sich die Behandlung nach dem Stadium der Hämorrhoidenbildung.

Konservative Behandlung

Hämorrhoiden ersten und zweiten Grades werden besser konservativ behandelt. Die konservative Behandlung umfasst das Meiden scharfer Speisen, eine Umstellung auf ballaststoffreiche Ernährung zur Erzielung eines weichen Stuhlgangs, eine schonende Analhygiene und Pflege mit Anwendung von speziellen Salben und Zäpfchen. Hämorrhoiden dritten Grades werden meist operiert.

Verödung oder Gummi-Ring-Ligatur

In hartnäckigeren Fällen können die Hämorrhoiden ambulant relativ einfach und schmerzfrei verödet werden.

Entweder durch Einspritzen kleinster Mengen bestimmter Lösungen (Sklerosierung) - oder, meist effektiver, durch das Setzen eines winzigen Gummi-Rings (Barron-Ligatur), welcher nach einigen Tagen mit dem Stuhlgang wieder abgeht.

Beide Methoden müssen meist im Abstand von einigen Wochen zwei- bis dreimal wiederholt werden, um effektiv zu wirken.

Abb.: Verödung (Sklerosierung) von Hämorrhoiden

Einspritzen einer „Verödungslösung“ im oberen, schmerzfreien Bereich der Hämorrhoide. Dies führt zur örtlichen Vernarbung mit Drosselung der Blutzufuhr und geringer Raffung der Hämorrhoide zurück nach oben.

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 arterieller Zufluss zum Hämorrhoidalkomplex
5 Hämorrhoide

Abb.: Gummi-Ring-Ligatur (Barron-Ligatur) von Hämorrhoiden

Fassen des oberen, schmerzfreien Bereichs der Hämorrhoide und Überstülpen eines engen Gummi-Rings. Dies führt zum Absterben und Abfallen dieses Gewebes mit noch besserer örtlicher Vernarbung und Drosselung der Blutzufuhr sowie deutlicher Raffung der Hämorrhoide zurück nach oben.

Operation von Hämorrhoiden

In diesen Fällen wird meist eine Operation empfohlen:

  • Die konservative Therapie fruchtet nicht mehr,
  • es stehen starke, wiederkehrende Blutungen im Vordergrund
  • oder es handelt es um Hämorrhoiden Grad III oder IVb.

Im Detail gibt es verschiedene OP-Methoden, die sich jedoch in zwei Gruppen einteilen lassen:

  1. „Liftende“ (reponierende)
  2. Entfernende (resezierende) Eingriffe

 

1. Hämorrhoiden "liften"

Wenn möglich, sollten „liftende“ Methoden zur Anwendung kommen, da Gewebeschonung zum Erhalt der „Dichtigkeit“ (Kontinenzerhalt) von großer Wichtigkeit ist.

Ein „Lifting“ des Hämorrhoidalbereichs kann mit speziell entwickelten Klammernahtgeräten (Stapler-Hämorrhoidopexie nach Longo) erfolgen. Wir bevorzugen jedoch wegen der individuelleren Anpassung und sichereren Anwendung ein Anheben der Hämorrhoidalbereiche mit Nähten (Recto-anal-repair RAR). Nach einem optimal ausgeführten Eingriff ist die Erholungszeit sehr kurz und oft unmittelbar schmerzfrei, da die Nähte „innen oben“ im unteren Enddarm in einem nicht mit „Schmerznerven“ versorgten Bereich liegen.

Abb.: Hämorrhoiden-“Lifting”

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 arterieller Zufluss zum Hämorrhoidalkomplex
5 Hämorrhoide
Setzen einer fortlaufenden Naht mit Beginn von 2 -3 cm oberhalb der Hämorrhoide bis hinab in den oberen Hämorrhoidalbereich unter Fassen des arteriellen Zuflusses. Durch Zuzug und Knoten der Naht wird die Hämorrhoide nach oben gezogen und der Blutzufluss drastisch gedrosselt.

2. Hämorrhoiden operativ entfernen

Ist das Hämorrhoidalleiden sehr ausgeprägt, bzw. fortgeschritten, ist oft eine Entfernung der größten krankhaften Befunde angeraten. Bei wiederum im Detail verschiedenen Techniken bevorzugen wir eine sehr sichere und gleichzeitig auch einfache Methode, bei der die größten Hämorrhoidalbereiche – allerdings stets so sparsam wie möglich – entfernt werden.

Oftmals wird eine solche Methode mit einem Naht-„Lifting“ an kleineren Hämorrhoidalabschnitten aus Gründen der Gewebeschonung kombiniert. Die Stelle der Hämorrhoidalentfernung wird aus Sicherheitsgründen zur Entzündungsvermeidung nicht vernäht, sondern bleibt als kleine Wunde offen (Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan).

Dies erfordert einerseits eine sehr gute Schmerzmedikation, insbesondere in den ersten Tagen nach der OP, und andererseits eine „offene Wundbehandlung“ mit dreifach täglichem Ausduschen des Wundbereichs sowie nach jedem Stuhlgang. Allerdings handelt es sich dafür auch um eine sehr sichere Methode mit den besten Langzeitergebnissen.

Therapeutische Sonderfälle sind Hämorrhoiden Grad Grad IVa und Grad IVb.

Bei der frischen Einklemmung IVa sollte zunächst konservativ die Akutsituation behoben werden. Dies geschieht durch stationäre Aufnahme, Bettruhe, hochdosierte Schmerzmittelgabe und Zurückschieben des Vorfalls (Reposition). Erst viel später kann gezielt behandelt und meist dann auch schonender operiert werden.

Beim fortgeschrittenen Hämorrhoidenzerfall IVb ist eine sofortige Operation mit Entfernung der zerstörten Hämorrhoidalbereiche unumgänglich.

Abb.: Hämorrhoiden-Entfernung nach Milligan-Morgan

Die gesamte Hämorrhoide wird bis nach außen an den Rand des Afters unter Schonung der Schließmuskulatur entfernt. Die resultierende Wunde bleibt offen.

1 Schließmuskel (Sphinkter ani)
1a äußerer Schließmuskel (Sphinkter ani externus)
1b innerer Schließmuskel (Sphinkter ani internus)
2 Hämorrhoidalkomplex (Feinabdichtung)
3 sensorische Analkanalhaut / Analkanal
4 arterieller Zufluss zum Hämorrhoidalkomplex
5 Wunde
6.

Wie ist das praktische Vorgehen im Falle einer Hämorrhoiden-Operation?

Sämtliche Operationen sollten entweder in Kurznarkose oder im Sattelblock (tiefsitzende „örtliche Betäubung“ am Rücken) erfolgen. Zur noch besseren Schmerzbehandlung wird zusätzlich aber immer noch eine über einige Stunden nach der OP anhaltende, örtliche Betäubung gesetzt!

Zwar sind alle Operationen prinzipiell ambulant durchführbar, jedoch sprechen einige Gründe (im Wesentlichen Nachblutungsgefahr und eventuell Schmerzen bei den ersten Stuhlgängen) meist für einen stationären Aufenthalt mit ein bis zwei Übernachtungen. Unsere Patienten fühlen sich hierdurch wesentlich sicherer und schmerzfreier. Auch kann hier das eventuell notwendige Ausduschen des Wundbereichs optimal angelernt werden.

Alle Patienten werden zur OP im Rahmen unserer prästationären Sprechstunde komplett vorbereitet und aufgeklärt. Wenige Tage später erfolgt dann die stationäre Aufnahme am OP-Tag. Ein eigenes Abführen ist nicht notwendig. Unmittelbar vor dem Eingriff wird der Enddarm mittels eines Minieinlaufs gereinigt.

Oft, aber nicht immer sind es Hämorrhoiden, welche die Beschwerden verursachen. Informieren Sie sich hier über weitere mögliche Krankheitsbilder.