Kniebeschwerden

In unserer interdisziplinären sportorthopädischen Sprechstunde, die jede Woche stattfindet, geht es um angeborene und erworbene Gelenkprobleme, mit Fokus aufs Kniegelenk.

Zum ersten Gespräch in unserer Ambulanz bitten wir Sie, sämtliche Unterlagen zur Vorgeschichte Ihres Kindes inklusive früheren, auswärts durchgeführten Untersuchungen mit Befunden mitzubringen. Wir führen eine eingehende klinische Untersuchung durch. Je nach Verdachtsdiagnose fertigen wir ein Röntgenbild des Kniegelenkes an oder stellen eine Überweisung zum MRT aus. Wenn die Befunde vorliegen, begutachten wir diese, wenn erforderlich, auch im erweiterten Team (Kinderradiologie Uni Erlangen (PD Dr. Rompel), Sport-Docs (Prof. Dr. Krutsch), um das weitere Vorgehen zu planen.

Weitere Informationen finden Sie auch in unserem Flyer: hier herunterladen

Die häufigsten Gründe, warum Kinder und Jugendliche in unserer Kniesprechstunde behandelt werden

Verletzungen des vorderen Kreuzbandes

Das vordere Kreuzband (VKB) ist eines von vier Hauptbändern im Knie, die den Oberschenkelknochen (Femur) mit dem Schienbein (Tibia) verbinden. Das VKB ist einer der wichtigsten Stabilisatoren des Kniegelenkes indem es verhindert, dass das Schienbein zu weit nach vorne unter den Oberschenkelknochen rutscht. Das Band ist bis zu einem gewissen Punkt flexibel, kann aber verletzt werden, wenn es zu weit gedehnt wird. Dies geschieht typischerweise durch Verdrehen, Scheren und Abbremsen beim Sport.

Die häufigste Form bei kleineren Kindern ist ein knöcherner Kreuzbandausriss. Jugendliche erleiden meist, ähnlich wie Erwachsene einen kompletten VKB-Riss. Dies geschieht oft in Kombination mit anderen Verletzungen, wie beispielsweise einem Meniskusriss, einer Knorpelschädigung oder einem Riss der Seitenbänder. Bei Patienten mit einem Kreuzbandriss besteht aufgrund einer Instabilität ein hohes Risiko für die Entstehung einer erneuten Verletzung. Studien belegen, dass ein gerissenes vorderes Kreuzband das Risiko einer Arthrose im frühen Erwachsenenalter erhöht. Deshalb wird in meisten Fällen eine Operation empfohlen, um das Knie wieder zu stabilisieren. Die Art des chirurgischen Eingriffs richtet sich nach dem Alter und dem Wachstumsstadium der Patient*innen.

Diagnostik und Therapie bei Kreuzbandverletzungen:

Zuerst untersuchen wir das betroffene Kniegelenk und führen spezifische Untersuchungstests durch, um die potenziell verletzten Bänder zu identifizieren.

Als Teil der Diagnostik ist eine Röntgenaufnahme des Kniegelenkes, um eine knöcherne Verletzung auszuschließen. Die Röntgenuntersuchung kann allerdings keine Weichteile wie Bänder und Sehnen erkennen, daher wird eine MRT erforderlich sein, um die Diagnose zu bestätigen. Diese diagnostische Bildgebungsuntersuchung kann außerdem eine mögliche Begleitverletzung entdecken.

Bei jüngeren Kindern mit knöchernen Kreuzbandausrissen reicht oftmals eine Ruhigstellung des Kniegelenkes mit einer Schiene sowie eine Teilbelastung an Unterarmgehstützen. Bei Jugendlichen kann es auch zu einem kompletten Riss kommen. Hier ist der Goldstandard heutzutage eine Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes mit einem knochenblockfreien körpereigenen Sehnentransplantat.

Meniskusschädigung

Der Meniskus bietet Polsterung und Stoßdämpfung für das Knie. In jedem Knie befinden sich zwei Menisken – ein Innen- und ein Außenmeniskus. Ohne diese keilförmigen Knorpelstücke würden Oberschenkelknochen und Schienbein schmerzhaft aneinander reiben. Zudem tragen die Menisken zur Stabilisierung des Kniegelenkes bei und unterstützen dabei das vordere Kreuzband. Eine Meniskusverletzung erfolgt meist bei einer schnellen Drehung des Kniegelenkes sowie beim schnellen Beugen oder Strecken. Der unbewegliche Innenmeniskus reißt häufiger als der Außenmeniskus. Es ist längst bekannt, dass ein Meniskusverlust langfristig zu einem vorzeitigen Gelenkverschleiß führt. Die meisten Meniskusrisse haben bei Kindern und Jugendlichen eine traumatische Genese. Die traumatischen Meniskusschädigungen kommen oft in Kombination mit einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes.

Diagnostik und Therapie bei Schädigung des Meniskus:

Standardmäßig wird zuerst das verletzte Kniegelenk klinisch untersucht. Bei einem Verdacht auf eine mögliche Schädigung der Binnenstrukturen wird zuerst ein Röntgenbild des Kniegelenkes in mehreren Ebenen durchgeführt, um eine knöcherne Verletzung auszuschließen. Als weiterführende bildgebende Diagnostik führen wir eine MRT-Untersuchung durch. Bei einem dringenden Verdacht auf eine Meniskusverletzung in Kombination mit einem ausgeprägten Gelenkerguss und einer Bewegungseinschränkung nach einem frischen Trauma wird auf die MRT-Untersuchung verzichtet und eine notfallmäßige Operation durchgeführt.

Eine frische Meniskusläsion nach einer Knieverletzung wird häufig operativ mittels einer minimalinvasiven Gelenkspiegelung versorgt. Dabei wird versucht, das abgerissene Teil des Meniskus mit speziellem Instrumentarium wieder zu befestigen. Es können zusätzliche kleine Hautschnitte erforderlich sein. Nur in Ausnahmefällen, wenn das abgerissenen Teil leider nicht mehr wiederherzustellen ist, wird dieses entfernt.

Diskoider Meniskus (Scheibenmeniskus)

Der diskoide Meniskus oder auch Scheibenmeniskus genannt, ist eine angeborene Variante des Außenmeniskus, die oft symptomlos sein kann. Dabei füllt das Meniskusgewebe den gesamten Gelenkspalt auf der Außenseite des Kniegelenkes. Es scheint, dass der diskoide Meniskus anfälliger für Verletzungen ist als ein normaler Meniskus. Falls es sich um eine Zufallsdiagnose handelt und bei den Patient*innen keine Beschwerden und volle Bewegungsfreiheit bestehen, ist keine spezielle Therapie erforderlich. Es ist davon auszugehen, dass die Kniegelenke an den scheibenförmigen Meniskus angepasst sind und ohne weitere
Therapie weiterhin gut funktionieren.

Ein chirurgischer Eingriff ist angezeigt, wenn Symptome wie Schmerzen, Schnappen, Bewegungseinschränkungen oder Blockierungen auftreten. In diesem Fall wird das überschüssige Gewebe mittels einer Gelenkspiegelung entfernt und die Anatomie des Außenmeniskus wiederhergestellt.

Knorpelschäden

Gelenkknorpel ist ein komplexes Gewebe, das die knöcherne Oberfläche von Gelenken bedeckt. Es stellt eine reibungsarme Oberfläche dar, die es dem Gelenk ermöglicht, gewichtstragenden Bewegungen bei täglichen Aktivitäten oder bei Sport standzuhalten. Mit anderen Worten, Gelenkknorpel ist ein sehr dünner Stoßdämpfer. Bei Kindern werden Gelenkknorpelverletzungen normalerweise durch Traumata oder Osteochondrosis-dissecans-Läsionen (OCD) verursacht. Da der Gelenkknorpel keine direkte Blutversorgung hat, hat er nur eine geringe oder keine Fähigkeit, sich durch mechanische Zerstörung selbst zu reparieren. Gelegentlich löst sich ein Gelenkknorpelfragment vollständig vom darunterliegenden Knochen. Dieser Splitter, der als freier Gelenkkörper bezeichnet wird, kann im Gelenk schwimmen und die normale Gelenkbewegung beeinträchtigen. Der Verlust des Gelenkknorpels führt zu einem vorzeitigen Gelenkverschleiß (Arthrose).

Diagnostik und Therapie von Knorpelschäden:

Standardmäßig wird zuerst das betroffene Gelenk klinisch untersucht. Bei einem Verdacht auf eine mögliche Schädigung der Binnenstrukturen wird zuerst ein Röntgenbild des Kniegelenkes in mehreren Ebenen durchgeführt, um eine knöcherne Beteiligung auszuschließen. Als weiterführende bildgebende Diagnostik führen wir eine MRT-Untersuchung durch. Bei einem dringenden Verdacht auf einen freien Gelenkkörper in Kombination mit einer Bewegungseinschränkung wird auf die MRT-Untersuchung verzichtet und eine notfallmäßige Operation durchgeführt.

Abhängig von der Schwere der Gelenkknorpelverletzung Ihres Kindes kann die Behandlung chirurgisch oder konservativ erfolgen. Abhängig von der Größe des Knorpeldefektes stehen uns verschiedene chirurgische Methoden zur Verfügung:

  • Arthroskopische Mikrofrakturierung – dabei werden auf der Knochenoberfläche unterhalb der Knorpelläsion gezielt kleine Bohrungen durchgeführt. Aus dem gut durchbluteten Knochengewebe tritt Blut aus, das im Knorpeldefekt gerinnt und ein Blutgerinnsel bildet. Im Blut befinden sich Stammzellen aus dem Knochenmark, die in der Lage sind, sich in Knorpelzellen zu entwickeln. Sie bilden am Ort des Knorpeldefektes einen faserigen Ersatzknorpel. Dieser Faserknorpel ist allerdings weniger belastbar als der ursprüngliche hyaline Gelenkknorpel.
  • Autologe Matrixinduzierte Chondrogenese (AMIC®) – dabei wird auf die Knorpelläsion eine Membran aufgebracht, die die Selbstheilungsprozesse des Knorpels unterstützen soll.
  • Refixation - bei frisch gelösten freien Knorpelstück kann, unter bestimmten Vorraussetzungen, versucht werden, den abgelösten Knorpelanteil wieder auf die ursprünglichen Stelle zu befestigen. Hierfür verwenden wir selbstauflösende Pins.

Osteochondrosis dissecans (OD)

OD ist eine Gelenkerkrankung, bei der sich ein Knochen- und Knorpelsegment nach wiederholter Belastung (z.B. Sport) oder Trauma vom Rest des Knochens ablöst. Das Fragment kann an der Stelle bleiben oder sich komplett von dem umliegenden Knochen lösen und in das Gelenk ,fallen‘. Dies verursacht Schmerzen und das Gefühl, dass das Gelenk „nachgibt“. Diese gelösten Teile werden manchmal als „Gelenkmäuse“ oder „freie Gelenkkörper“ bezeichnet. Der so entstandene Gelenkflächendefekt wird als „Mausbett“ bezeichnet und stellt unbehandelt Risikofaktor für einen Gelenkverschleiß dar.
Die meisten OD-Läsionen treten im Knie auf, obwohl sie sich auch im Ellbogen und im Sprunggelenk bilden können.

Diagnostik und Therapie der Gelenkerkrankung OD:

Oftmals ist die Diagnose einer OD ein Zufallsbefund bei Röntgenaufnahme, die aufgrund eines Sturzen oder eines Traumas angefertigt werden.
Standardmäßig wird zuerst das betroffene Gelenk klinisch untersucht. Bei einem Verdacht auf OD wird zuerst ein Röntgenbild des Gelenkes in mehreren Ebenen durchgeführt, um eine knöcherne Beteiligung auszuschließen. Als weiterführende bildgebende Diagnostik führen wir eine MRT-Untersuchung durch.

Es gibt momentan keine standardisierten Therapiekonzepte. Die Faktoren, die das Therapiekonzept beeinflussen sind das Alter des Patienten, die Lokalisation, die Stabilität des Defektes sowie die Beschwerden. Bei wenigen Beschwerden und einer stabilen Läsion (d.h. intakter Knorpel im Bereich des Defektes) würden wir ein konservatives Vorgehen empfehlen. Kleine Patient*innen sollten sich Schonen, keinen Sport (v.a. Sport- und Stauchungsbelastungen) treiben und nicht am Schulsport teilnehmen.

In regelmäßigen Abständen führen wir eine Kontroll-MRT-Untersuchung des betroffenen Gelenkes durch. Bei einer Verschlechterung mit drohender Ablösung des Knorpels stellen wir die Indikation zu einer Operation. Dabei wird zuerst eine Gelenkspiegelung durchgeführt, um das Ausmaß des Defektes genau zu beurteilen. Dann wird über einen kleinen Schnitt das Gelenk eröffnet, der Defekt aufgesucht und der Knorpeldefekt entsprechend versorgt (siehe Therapie von Knorpelschäden). Falls eine Refixation des abgelösten Knorpelstückchens möglich ist, verwenden wir hierfür spezielle selbstauflösende Pins zur Befetigung.

Instabile Kniescheibe / Patellaluxation

Die Kniescheibe (Patella) ist ein dreieckiger Knochen, der in der Sehne des vierköpfigen Oberschenkelmuskels (Quadrizepssehne) eingebettet ist. Die Kniescheibe gleitet in einer V-förmigen Rinne (Trochlea) am Oberschenkelknochen und beteiligt sich somit an den Gelenkflächen des Kniegelenkes, und überträgt den Zug der Quadrizepssehne auf den Unterschenkel. Dies ermöglicht eine störungsfreie Streckung des Kniegelenkes.

Wenn die Kniescheibe aus ihrem Gleitlager am Oberschenkelknochen herausspringt, spricht man über einer Patellaluxation. Das erste Ereignis ist meistens sehr schmerzhaft und führt die Patient*innen direkt zur ärztlichen Untersuchung. Dabei muss die herausgesprungene Kniescheibe in das Gleitlager zurückgeschoben werden.

Dann werden mehrere Untersuchungen veranlasst, um die Ursache der Patellainstabilität zu entdecken. Dies ist sehr wichtig, denn in 20 – 50 % der Fälle tritt eine erneute Luxation innerhalb von 2 Jahren nach dem Erstereignis auf. Des Weiteren kann eine unbehandelte Kniescheibeninstabilität viele Spätfolgen haben – andauernde Schmerzen, Instabilitätsgefühl, bis hin zur Entwicklung eines Kniegelenksverschleißes – die dann ursächlich für ein herabgesetztes Sport- und Aktivitätsniveau der jungen Patient*innen sind.

Risikofaktoren einer Patellaluxation

Die häufigsten Risikofaktoren, die eine Patellaluxation begünstigen können, sind:

  • Adäquater Unfallmechanismus
  • Veränderte Kraft der einzelnen Teilen des vierköpfigen Oberschenkelmuskels (Quadrizeps) – zu schwache Muskeln auf der Oberschenkelinnenseite (v.a. Musculus vastus medialis)
  • Fehlentwicklung von dem Gleitlager am Oberschenkelknochen (Trochleadysplasie), der Kniescheibe selbst (Patelladysplasie) oder des gesamten Kniegelenkes
  • Zu hohe Lage der Kniescheibe (sog. Patella alta)
  • Veränderung der Beinachse (v.a. ein vermehrtes X-Bein) oder der knöchernen Drehung des Beines (sog. Torsionsdeformität)
  • Voroperationen am Kniegelenk, die zu einer Schrumpfung der Weichteile führen kann und somit das normale Gleiten der Kniescheibe beeinflussen kann.

Diagnostik und Therapie einer instabilen Kniescheibe

Da die einzelnen Risikofaktoren niemals alleine, sondern immer kombiniert vorliegen, ist eine genaue klinische Untersuchung und eine entsprechende Diagnostik erforderlich. Zuerst werden mehrere Röntgenaufnahmen des gesamten Kniegelenkes sowie der Kniescheibe durchgeführt. Bei einem klinischen Verdacht auf eine Beinachsabweichung wird zusätzlich eine spezielle Röntgenaufnahme der gesamten Beine gemacht, um die Beinachse genau zu bestimmen. Zu den Standarduntersuchungsmethoden gehört außerdem auch eine MRT-Untersuchung des Kniegelenkes. Ergibt sich nach der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen einer Torsionsdeformität, ist eine ergänzende CT- oder MRT-Untersuchung, die sog. Torsionsmessung des Beines, indiziert.

Eine optimale Therapie beruht auf der genauen, individuellen Beurteilung der zugrundeliegenden Ursachen, die zu einer Patellaluxation führten. Prinzipiell kann man die Therapie in 2 Kategorien unterteilen:

1. - Konservative Therapie – lange galt die konservative Therapie bei einer Erstluxation ohne knorpelige Läsion als therapeutischer Goldstandard. Es wurde aber in der letzten Zeit klar, dass die Ergebnisse nicht immer zufriedenstellend waren. Der Grund dafür ist auf einer Seite die hohe Zahl an erneuten Luxationen. Auf der anderen Seite steht der Fakt, dass laut der Literatur bis zu 74 % der Patient*innen trotz konservativer Therapie nicht mehr ihr vorheriges sportliches Aktivitätslevel erreichten, selbst wenn sie keine erneute Luxation erlitten.

2. Operative Therapie – diese ist notwendig falls:

  • ein Knorpeldefekt durch einen abgelösten Knorpel (ein sog. Flake) vorliegt – dabei wird es versucht diesen wieder an der Defektstelle zu fixieren
  • eine Zerreißung des Halteapparats der Kniescheiben entsteht (eine MPFL-Ruptur) – dieses wird dann wiederhergestellt. Dazu stehen uns verschiedene chirurgische Techniken, abhängig vom Patientenalter, zur Verfügung
  • einer von den genannten Risikofaktoren als Ursache für eine Patellainstabilität festgestellt wird – abhängig davon kann eine Umstellung der Beinachse oder der falschen Torsion (Umstellungsosteotomie), eine Wiederherstellung der normalen Anatomie des Kniegelenkes (zum Beispiel Trochleaplastik, Transfer des knöchernen Ansatzes der Quadrizepssehne am Unterschenkelknochen) oder der physiologischen Beinachse durch wachstumslenkende Verfahren bei Kindern mit offenen Wachstumsfugen oder knöcherne Umstellungen am Ober-/Unterschenkelknochen nach dem Wachstumsabschluss.

In manchen Fällen müssen mehrere der genannten operativen Verfahren zusammen kombiniert werden, entweder während einer Operation oder manchmal sind auch mehrere operative Eingriffe notwendig.